Bietigheim Steelers: Umbruch und Restart nach DEL-Abstieg

Zwei Jahre lang haben die Bietigheim Steelers nach ihrem Aufstieg in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gespielt, dann stand am 1. März nach einer Auswärtsniederlage in Ingolstadt fest, dass der Ausflug in die Beletage des Eishockeysports für die Bietigheimer beendet ist. Zu dieser Zeit war bereits verkündet worden, dass sowohl der langjährige Geschäftsführer Volker Schoch als auch Aufsichtsratschef Gerhard Kaufmann die Steelers zum Saisonende verlassen. Auch Trainer Pekka Kangasalusta und ein Großteil des Teams stehen nach dem Abstieg nicht mehr in Diensten der Organisation.

Die Steelers stehen also vor einem totalen Neuanfang in der DEL2. Geschäftsführer Gregor Rustige, Sportdirektor Danny Naud und Rupert Meister als Leiter Sportliche Entwicklung und Strategie haben inzwischen die wichtigsten Posten übernommen und arbeiten auf Hochtouren an der Saison 2023/24. Wir haben uns Anfang Juni mit Gregor Rustige (36) getroffen, um zu erfahren, wie die Steelers in der neuen Saison aufgestellt sein werden.

Fotos: Timo Raiser

Autor:Ralf Scherlinzky

21. Juni 2023

Die Bietigheim Steelers, hier mit Stürmer Evan Jasper am Puck, gehen in der kommenden Saison wieder in der DEL2 an den Start.

Gregor, du hast mitten in der totalen Umbruchphase den Job als Geschäftsführer der Steelers übernommen. Wie waren deine ersten Wochen?

Gregor Rustige: Ich umschreibe es mal mit einem Wort: herausfordernd. Es hat keine Einarbeitungsphase im klassischen Sinne gegeben. Zusammen mit unserem bis dato einzigen Vollzeit-Mitarbeiter Frederic Keck und unseren beiden Teilzeitkräften, die allesamt auch noch nicht mal ein Jahr in der Geschäftsstelle sind, haben wir zunächst alles der Lizenzierung untergeordnet.

Was verbirgt sich hinter der Lizenzierung konkret?

Gregor Rustige: Die DEL2 hat einen Anforderungskatalog erstellt, der von allen Vereinen bis zum 24. Mai erfüllt werden musste. Du musst dort beispielsweise angeben, mit welchen Sponsoreneinnahmen du für die ganze Saison kalkulierst. Damit man aber nicht auf die Idee kommt, einen Fantasiewert einzugeben, der die Gesamtkalkulation schönrechnet, musst du bis zu dem besagten 24. Mai bereits 60 Prozent dieser geplanten Einnahmen mit unterschriebenen Verträgen belegen. Daher bestand meine Aufgabe in den letzten Wochen vornehmlich darin Sponsorengespräche zu führen.

…was als „der Neue“ direkt nach dem Abstieg und Umbruch vermutlich nicht der einfachste Job der Welt war.

Gregor Rustige: Genau, die meisten hatten mich ja noch nicht gekannt. Aber ich habe bei fast allen Gesprächen eine hohe Identifikation mit den Steelers festgestellt. Man hat mich anfangs zwar reserviert, aber mit einer gewissen Neugier empfangen und die Termine verliefen eigentlich durchweg positiv. Ich konnte fast alle bestehenden Partner von unserem Konzept überzeugen, so dass wir zum Stichtag alle benötigten Sponsorenverträge an die DEL2 schicken konnten.

Dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um auch die SPORT.S-Leser von eurem Konzept zu überzeugen. Mit welchen Zielen geht ihr in die neue Saison in der DEL2?

Gregor Rustige: Strukturell möchten wir Profis und Nachwuchs enger zusammenrücken, um Synergien zu nutzen und das Wir-Gefühl zu stärken. Bislang hatten wir zwei verschiedene Geschäftsstellen, die wir jetzt zusammenlegen. Sportlich gesehen wollen wir erstmal wieder in der DEL2 ankommen. Wir sind nicht so vermessen, die Parole auszugeben, dass wir gleich wieder aufsteigen wollen.

Unser Ziel ist die Playoff-Teilnahme, für die wir mindestens den 10. Tabellenplatz erreichen müssen. Das wird schwierig genug, da vor allem Vereine wie Krefeld oder Kassel ordentlich aufgerüstet haben und den Aufstieg anpeilen. Wir haben aber dennoch im Rahmen der Lizenzierung auch unsere Bewerbung für die DEL 2024/25 eingereicht. Sprich, sollten wir je doch den sofortigen sportlichen Wiederaufstieg schaffen, würden wir diesen natürlich gerne wahrnehmen. Das halte ich auch für ein wichtiges Signal an unsere Fans und Sponsoren.

 

Ihr seid ja bekannt für eure gute Nachwuchsarbeit. Inwieweit können in der kommenden Saison die Profis vom Nachwuchs und umgekehrt profitieren?

Gregor Rustige: Da wir jetzt eine Liga tiefer spielen, ist der Sprung vom Nachwuchsbereich auf das Level der ersten Mannschaft nicht mehr ganz so groß. Das ist auch gut so, da die Regularien der DEL2 vorschreiben, dass du U21-Spieler einsetzen musst. Trotzdem ist das natürlich kein Freifahrtschein für unsere Youngster. Ich war ja in den letzten Jahren Geschäftsführer des Stammvereins SC Bietigheim-Bissingen und habe deshalb hautnah mitbekommen, welche großartige Arbeit in unserem Nachwuchs mit den fünf hauptamtlichen Trainern geleistet wird. Wir haben im Nachwuchs ein paar Jungs, die wir mit einem Fördervertrag für die DEL2 ausstatten werden, damit wir sie behutsam an die erste Mannschaft heranführen können.

Foto: Die „Steelers-Familie“ nach dem Legendenspiel beim Abschlussfest Ende März.

 

Du hast gerade schon deine bisherige Aufgabe im Stammverein angesprochen. In deinen Adern fließt ja tatsächlich schon seit jungen Jahren „grünes Blut“. Gib uns doch mal bitte einen kleinen Einblick in deine Vita…

Gregor Rustige: Ich komme eigentlich aus Stuttgart und habe dort mit dem Eishockeyspielen begonnen. Ich bin dann aber sehr früh nach Bietigheim gewechselt, weil hier ambitionierteres Eishockey gespielt wurde. Als Torwart habe ich dann in der zweiten Mannschaft Regionalliga gespielt und saß auch in der DEL2 bei den Steelers bei rund 30 Spielen als Ersatzgoalie auf der Bank. Ich habe in Tübingen Sportmanagement studiert und im Tennis gearbeitet, ehe ich an der Uni Jena meinen Master-Abschluss in Sportmanagement gemacht habe.

Im eigenen Verein als studierter Sportmanager den Geschäftsführerposten zu bekommen – das klingt zum einen nach einem Traumjob für dich und zum anderen nach einer Idealbesetzung für die Steelers.

Gregor Rustige: In erster Linie freue ich mich, dass mir unsere Vereinsführung das Vertrauen geschenkt hat, den Club in dieser herausfordernden Zeit zu führen. Ich werde mein Bestes geben, um die Steelers erfolgreich aufzustellen. Mir helfen natürlich meine Erfahrungen als Geschäftsführer des Stammvereins. Daher bin ich bereits mit den städtischen Einrichtungen, den Fachverbänden und einigen Sponsoren vernetzt. Dass ich in der Stadt bekannt und in der Region verwurzelt bin, ist natürlich ebenfalls von Vorteil.