Damentennis-Bundesliga: TEC Waldau & TC Bernhausen
Nach dem Porsche Tennis Grand-Prix ist vor der Tennis-Bundesliga. Nachdem Mitte April die Weltelite des Damentennis in Stuttgart zu Gast war, haben Anfang Mai die deutschen Spitzenteams in der ersten Liga ins Geschehen eingegriffen. Mit dabei sind in diesem Jahr mit dem TEC Waldau Stuttgart und dem TC Bernhausen gleich zwei Teams aus der Region. Wir haben Heimspiele von beiden Vereinen besucht und sind dabei im Gespräch mit Thomas Bürkle (Clubmanager TEC Waldau) und Tobias Walldorf (1. Vorsitzender TC Bernhausen) in die Strukturen der beiden Bundesligisten eingetaucht.
Autor: Ralf Scherlinzky
Wimbledon-Halbfinalistin Tatjana Maria (links) auf dem Platz gegen Waldau-Spielerin Dalila Jakupovic. Foto: Sport.S
Der TEC Waldau ist seit 26 Jahren eine Institution in der Tennis-Bundesliga, dessen Team aus einem gesunden Mix von routinierten Spielerinnen und jungen Top-Talenten besteht. Während man in Stuttgart-Degerloch die Mechanismen der Bundesliga kennt, ist für den TC Bernhausen in diesem Jahr dagegen alles Neuland.
Das Team des TC Bernhausen beim Heimspiel gegen Blau Weiss Berlin.
Foto: Sport.S
Fünf Jahre in Folge ist der Tennisclub aus dem Filderstadter Stadtteil aufgestiegen – von der Verbandsliga bis nach ganz oben in die Bundesliga. „Wir haben dabei etwas von der Corona-Pandemie profitiert. Während unsere Liga-Konkurrenten auf Sparflamme gespielt haben, haben wir unsere Chance ergriffen. In die Regionalliga aufzusteigen, war eigentlich unser Anspruch, und dieses Ziel haben wir erreicht“, berichtet Tobias Walldorf.
Dass es dann noch weiter nach oben geht, war eigentlich nicht unbedingt der Plan. „Der Aufstieg in die zweite Liga war quasi ein Bonbon oben drauf. Als wir dort auch die ersten drei Spiele gewonnen hatten, haben wir gesagt, wir geben einfach mal weiter Gas, bis wir das erste Spiel verlieren. Dieser Punkt kam dann aber überraschenderweise nicht, und so waren wir plötzlich Bundesligist“, erinnert sich der Vorsitzende.
Am ersten Bundesliga-Spieltag musste man dann gleich beim übermächtigen Titelverteidiger TC Bredeney antreten, wo man erwartungsgemäß mit 1:8 unterlag.
„An Bredeney führt auch in dieser Saison kein Weg vorbei“, weiß Thomas Bürkle. Der langährige Clubmanager des TEC Waldau kennt die Szene wie kaum ein anderer und erklärt, dass der Tennisclub aus dem Essener Stadteil auf einen großen Mäzen bauen kann, den die anderen Vereine nicht haben. Und dennoch hätten die Stuttgarter den Topfavoriten am zweiten Spieltag zuhause fast geknackt. Man unterlag nur knapp mit 4:5.
Einen wichtigen Punkt für die Gäste holte dabei Tatjana Maria.
Wir wollten von der Wimbledon-Halbfinalistin von 2022, die vor 15 Jahren selbst im Stuttgarter Trikot spielte, wissen, welchen Stellenwert die Bundesliga für sie als erfolgreiche Einzelspielerin hat – und waren von ihrer Antwort überrascht.
„Mir ist die Bundesliga sehr wichtig. Ich bin eine Teamspielerin und habe über die Jahre immer versucht, so viele Spiele wie möglich in der Liga zu machen“, so die 35-Jährige, die bei den Bundesliga-Spielen regelmäßig von ihrem Mann und ihren beiden Kindern begleitet wird.
Brenda Fruhvirtova, Vicky Pohle, Valentina Steiner und Linda Fruhvirtova (von links) stehen für den europäischen Jugendweg beim TEC Waldau Stuttgart.
Foto: TEC Waldau
Besonders für junge Talente bedeutet die Bundesliga einen schonenden Einstieg in das Profitennis – eine Tatsache, die man in Degerloch gut für sich zu nutzen weiß.
2021 holte Thomas Bürkle die Geschwister Linda (damals 15 Jahre alt) und Brenda (damals 13) Fruhvirtova aus Prag auf die Waldau, zwei große Talente, die bis dato nur absoluten Insidern bekannt waren. Linda steht mit inzwischen 18 Jahren auf Rang 59 der WTA-Weltrangliste, ihre jüngere Schwester mit 16 auf Rang 146.
In der vergangenen Saison feierte das 16-jährige Eigengewächs Valentina Steiner ihr Bundesliga-Debüt, am 20. Mai 2023 bestritten das ebenso 16-jährige tschechische Toptalent Nikola Bartunkova sowie die 15-jährige Victoria Pohle erstmals ein Bundesliga-Spiel für den TEC. „Uns ist es wichtig, dass wir jungen deutschen Spielerinnen wie Valentina und Victoria viel Spielpraxis geben. Für uns kommt es nicht in Frage, dass wir, wie es einige andere Teams machen, mit sechs ausländischen Spielerinnen antreten“, so Thomas Bürkle.
Eine ähnliche Strategie fährt auch der Aufsteiger aus Bernhausen, der seinen Etat im Vergleich zur letzten Zweitliga-Saison fast verdoppeln musste. „Natürlich mussten wir für die vorderen Positionen neue Leute holen, um in der Bundesliga mithalten zu können“, sagt Tobias Walldorf. „Aber wir haben hier auch Spielerinnen wie Marie Vogt und Sapfo Sakellaridi, die ganz jung in der Regionalliga bei uns angefangen und sich zusammen mit dem Verein weiterentwickelt haben. Sie können in dieser Saison den nächsten Schritt auf das Bundesliga-Level machen.“
Eine Spielerin, für die sich mit dem Aufstieg ein Traum erfüllt hat, ist Steffi Bachofer. Die mehrfache Senioren-Weltmeisterin, die in ihren Anfangsjahren in der Baden-Württemberg-Liga für den TC Bernhausen gespielt hatte, spielt mit inzwischen 38 Jahren zum ersten Mal mit ihrem Stammverein in der Bundesliga. Für die Nummer fünf des Aufsteigers, die gleichzeitig die Rolle der Spielertrainerin ausfüllt, schließt sich damit nach 18 Jahren der (Karriere-)Kreis.
Obwohl sie viel auf eigene Talente bauen, fliegen sowohl der TEC Waldau als auch der TC Bernhausen ihre Topspielerinnen meist extra für die Begegnungen in der Bundesliga ein.
„Ein Tennis-Team darf man nicht mit einer Fußballmannschaft vergleichen, deren Spieler 46 Wochen im Jahr vor Ort sind und gemeinsam trainieren. Unsere Spielerinnen verfolgen jeweils ihre Einzelkarrieren und sind auf der ganzen Welt verstreut, um Turniere zu spielen“, erklärt Thomas Bürkle. „Da ist meist eine gute logistische Planung erforderlich, um ein gutes Team auf den Platz zu bringen. Linda Fruhvirtova ist beispielsweise nach dem Heimspiel gegen Bredeney weiter nach Rom geflogen. Von dort kam sie zum Auswärtsspiel nach Hamburg und ist direkt zu einem Turnier nach Marokko weitergereist.“
Steffi Bachofer auf dem Platz für den TC Bernhausen. Foto: TC Bernhausen
Auch wenn die beiden Vereine aus der Region Stuttgart unterschiedlich strukturiert sind und mit verschiedenen Voraussetzungen in die Saison starteten, verbindet sie eine weitere Sache: Sowohl Thomas Bürkle als auch Tobias Walldorf geben als Saisonziel den Klassenerhalt an.
„Die Liga ist sehr ausgeglichen, und abgesehen von Bredeney kann jeder jeden schlagen“, weiß Tobias Walldorf, der seinen TC nach dem Auswärtssieg in Hannover noch einen Sieg vom möglichen Klassenerhalt entfernt sieht. Routinier Thomas Bürkle, dessen TEC in der letzten Saison Platz drei belegt hatte, würde gerne drei Siege holen, um sicher die Klasse halten zu können.
Die besseren Karten der beiden Lokalrivalen hat seit dem 4. Juni der TEC Waldau, der das direkte Derby auf der Waldau knapp mit 5:4 für sich entscheiden konnte.
Wir drücken den beiden Erstligisten alle verfügbaren Daumen, damit sie zum Saisonende am 15. Juli den Klassenerhalt schaffen und wir auch 2024 wieder über die Bundesligisten TEC Waldau und TC Bernhausen berichten können.