Torwart Stefan Koppmeier ist beim 35:34 in der Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga der große Rückhalt

Es war ein emotionaler Höhepunkt: Die Handballer des HC Oppenweiler/Backnang siegten in ihrem letzten Heimspiel dieser Saison mit 35:34 gegen die HSG Krefeld Niederrhein – die Aufstiegsträume der Gäste vom Niederrhein zerplatzten in der Gemeindehalle von Oppenweiler. Im Mittelpunkt standen die Spieler, die letztmals in einem Heimspiel für den HCOB aufliegen. Einer setzte sich dabei besonders in Szene.

Von Alexander Hornauer

Für Stefan Koppmeier war es eine Begegnung, „als ob man ein Drehbuch dafür geschrieben hätte.“ Er selbst spielte eine Hauptrolle. Der Keeper des HC Oppenweiler/Backnang, der den Club nach fünf Jahren in Richtung TSV Weinsberg verlassen wird, durfte in seinem letzten Heimspiel von Beginn an zwischen die Pfosten und avancierte zu einem wesentlichen Faktor für den Heimsieg. Und das nicht nur, weil er nach drei Minuten mit einem Fernwurf aus etwa 35 Metern die 1:0-Führung beisteuerte, sondern aufgrund seiner Glanztaten in der sogenannten „Crunch Time“ – also in den Phasen des Spiels, in denen jede Parade doppelt guttut.

Als es Spitz auf Knopf stand, war der einst aus Großwallstadt gekommene Keeper da. Er hielt einmal, zweimal, in einer Szene dreimal hintereinander gegen frei vor seinem Tor auftauchende Krefelder. „Unglaublich, was Stefan Koppmeier hier hält, für mich ist er heute der beste Mann“, rief Livestream-Moderator Paul Herbinger den Zuschauern zu, die das Spiel an den Bildschirmen verfolgte. 30 Sekunden vor dem Ende wehrte Stefan Koppmeier erst einen freien Wurf des Krefelder Außen ab, dann hatte er Nachwurf des Kreisspielers. Eine absolute Glanzleistung. Die Zuschauer sprangen auf. Alle wussten: Stefan Koppmeier hatte seinem Team die Gelegenheit ermöglicht, mit der letzten Aktion des Spieles den Sieg einzufahren und damit eine faustdicke Überraschung zu schaffen.

Angesichts der glänzenden Perspektiven für die Gäste, die im Falle eines Sieges ein Endspiel um den Aufstieg gegen Aue gehabt hätten, und mit Blick auf die eher schmale personelle Lage des HCOB (Martin Schmiedt, Jakub Strýc und Philipp Maurer fehlten) hatte man im Krefelder Umfeld von einem „Pflichtsieg“ gesprochen. Nun sah es danach gar nicht mehr aus. Die Gäste mussten Risiko gehen und im Anschluss an eine HCOB-Auszeit in den letzten 21 Sekunden den Ball erobern, um noch ein Tor werfen. Sie setzten auf eine offensive Abwehr. Diese offenbarte aber Lücken, das liegt in der Natur der Sache. Der HCOB nutzte sie: Tim Dahlhaus spielte auf Timm Buck, der sah Daniel Schliedermann, und der jagte das Spielgerät mit wilder Entschlossenheit zum 35:34 in die Maschen.

„Einfach geil“, jubelte Stefan Koppmeier, ein emotionales letztes Heimspiel für ihn und fürs Team. Aus den Boxen dröhnte der 80er-Jahre-Hit „völlig losgelöst.“ Die Handballer machten sich auf eine Runde durch die Halle und klatschte mit allen Kindern und Jugendlichen ab, die das Team lautstark angefeuert hatten. Die Krefelder hingegen haderten mit sich, mit Stefan Koppmeier und dem Schicksal. So nah dran am Aufstieg, und dann doch gescheitert.

Unterm Strich „sind wir gar nicht richtig in das Spiel gekommen“, bemängelte Gästecoach Mark Schmetz. Vor drei Tagen hatte sein Team gegen den TV Emsdetten groß aufgespielt und gewonnen, in Oppenweiler tat sich die Mannschaft schwer. Sie lag in der ersten Halbzeit manchmal vorn, aber kam nie weg. Der HCOB holte Rückstände auf, überzeugte durch Einsatz und Wille, hatte auch spielerische Lösungen parat. Hätte der Krefelder Keeper Sven Bartmann nicht klasse gehalten, hätte das Pendel früher in HCOB-Richtung ausschlagen können. In den Minuten vor der Pause hatten die Murrtaler trotz Unterzahl Vorteile. Tobias Gehrke setzte sich zweimal entschlossen durch, Eric Bühler fing einen Ball ab, nutzte den Gegenstoß zum Kontertor. Zur Pause lag der Außenseiter 16:15 vorn.

Nach dem Seitenwechsel blieb das Match eng. Beide Teams entwickelten im Angriff mehr Wucht. Der HCOB führte nun öfter. Lukas Rauh glänzte als Verwerter, Daniel Schliedermann setzte immer wieder Akzente. Auch die HSG Krefeld Niederrhein um ihren neunfachen Torschützen Christopher Klasmann kam nun etwas einfacher zu ihren Toren. Gut, dass Stefan Koppmeier immer wieder zur Stelle war. Als es in die entscheidenden Minuten ging, hatte der HCOB schon einmal ein erstes Ziel erreicht: er war bei der Musik. Kevin-Christopher Brüren ließ die HSG mit seinen Toren weiter vom Auswärtssieg träumen, auf Seiten der Hausherren hielt Tim Dahlhaus mit wichtigen Toren dagegen. Bis in die Schlusssekunden war es ein Kampf auf Biegen und Brechen. Zwei Minuten vor dem Ende ging die HSG zum letzten Mal in Führung. Tim Dahlhaus glich zu Beginn der Schlussminute – dann kam Stefan Koppmeiers vielleicht größte Tat und Daniel Schliedermanns Siegtreffer als finaler Höhepunkt. Co-Trainer Sebastian Frank meinte noch eine Viertelstunde später: „Ich stehe noch voll unter Adrenalin. Die Jungs haben das heute überragend gespielt. Sie haben nie aufgegeben, jeder hatte Bock und wollte sich mit diesem Sieg für diese Runde belohnen.“

 

Stimmen zum Spiel

HCOB-Co-Trainer Sebastian Frank: „Ich stehe noch voll unter Adrenalin. Die Jungs haben das heute überragend gespielt. Sie haben nie aufgegeben, jeder hatte Bock und wollte sich mit diesem Sieg für diese Runde belohnen. Jeder hat noch einmal richtig Vollgas gegeben.“

HSG-Trainer Mark Schmetz: „Für uns ist das eine Riesenenttäuschung. Wir sind gar nicht richtig in das Spiel gekommen. Wir haben zu viele Chancen liegen lassen und in der Schlussphase die wichtigen Würfe nicht reingemacht. Der HC Oppenweiler/Backnang ist enorm kampfstark.“

 

Rund ums Spiel

Der HCOB-Heimsieg löste im Erzgebirge Freudentaumel aus. Der EHV Aue, der Hildesheim besiegte, steht dadurch vorzeitig als Aufsteiger in die zweite Handball-Bundesliga fest. Auch der TuS Vinnhorst darf sich aufgrund der Krefelder Niederlage vorzeitig Handball-Zweitligist nennen. Beim Team aus Hannover kam hinzu, dass der TV Emsdetten gegen den TuS Ferndorf nur zu einem Remis gelangte.

Nach Spielende wurde es emotional, denn mit Eric Bühler, Tim Düren, Jakub Strýc, Stefan Koppmeier und Ruben Sigle wurden fünf Spieler verabschiedet. Für alle gab es großen Applaus sowie  Erinnerungsgeschenke vom Verein und von den Fans.

Felix Raff, Student in München, stand zum Abschluss der Runde noch einmal im Kader. Zum Einsatz kam er nicht – aber beim letzten Heimspiel von Ruben Sigle, mit dem er sich einige Jahre die Zeiten im rechten Rückraum teilte, wollte er schon dabei sein.

Eric Bühler hat in seiner sportlichen Laufbahn beim HCOB natürlich nicht – wie irrtümlich berichtet – sechs Tor im Drittligateam erzielt (soviele waren es nämlich in Hildesheim), sondern 62.