Philip Schaub: BMX-Profi hat Paris 2024 fest im Auge

Philip Schaub ist Profi in einer Sportart, in der man – zumindest in Deutschland – nicht unbedingt einen Profi erwarten würde. Der 26-Jährige ist BMX-Fahrer. Als Deutscher Meister von 2019 und Europameisterschafts-Fünfter von 2023 hegt der Pleidelsheimer die berechtigte Hoffnung, sein Land bei den Olympischen Spielen vertreten zu dürfen. Von der Sportregion und dem Olympiastützpunkt Stuttgart wurde er dafür in das Stipendiumteam Paris 2024 aufgenommen. Dass Philip Schaub von seinem Sport leben kann, verdankt er den Sozialen Medien. Auf seinem Instagram-Kanal @schaubster hält er seine Fans regelmäßig über seine Aktivitäten auf dem Laufenden, seine Sponsoren hat er zum größten Teil selbst akquiriert. Was er auf und neben der Strecke genau macht, hat er uns direkt nach der Weltmeisterschaft im Interview erzählt.

Fotos: Nico Van Dartel

Autor: Lara Auchter

18. September 2023

Philip, du bist Anfang August bei der Weltmeisterschaft gestartet. Die lief nicht ganz nach Plan für dich…

Philip Schaub: Das stimmt, ich hatte mir definitiv mehr vorgenommen. Ich bin nach der Qualifikationsrunde leider schon im Achtelfinale ausgeschieden. Es war mein Ziel, mindestens unter die Top 32 zu kommen, also das Viertelfinale zu erreichen. Deshalb bin ich schon enttäuscht, weil ich sehr gut in Form und super motiviert war und mir das Resultat nicht erklären kann.

Nimmt das WM-Abschneiden großen Einfluss auf deine Olympia-Pläne? Wie qualifiziert man sich als BMX-Fahrer für die Olympischen Spiele?

Philip Schaub: Beim BMX-Rennsport qualifiziert man sich über seine Nation. Das bedeutet, dass jeder Fahrer eines Landes im Weltcup Punkte sammelt. Die Punkte von den drei punktbesten deutschen Fahrern werden dann addiert, und je nach Gesamtpunktzahl bekommt man einen bis drei Olympiastartplätze. Jedes Land darf bis zu drei Fahrer zu den Olympischen Spielen schicken. Gerade hat Deutschland nur einen Startplatz, und natürlich hat das nicht so gute Resultat bei der WM nicht viele Punkte eingebracht. Aber wir haben noch eine Handvoll Weltcuprennen vor uns, bei denen wir genug Punkte holen können, um uns einen zweiten Startplatz zu sichern.

Wie stehen deine Chancen auf Paris 2024?

Philip Schaub: Wir sind drei Fahrer für einen bzw. zwei Startplätze und sind von unseren Leistungen her gerade ziemlich gleich stark. Letztendlich entscheidet der Bundestrainer nach Saisonleistung, aktueller Form und persönlicher Einschätzung, welche Fahrer nächsten Sommer zu den Spielen fahren. Ich persönlich fühle mich aber sehr gut und bin positiv, dass ich in Paris dabei sein werde.

Du bist Profi-BMX-Fahrer und verdienst mit deinem Sport deinen Lebensunterhalt. Wie schaffst du es, von dieser vermeintlichen „Randsportart“ leben zu können?

Philip Schaub: Ich lebe zum großen Teil von der Sporthilfe und meinen Sponsoren, die ich über Social Media in Szene setze. Auch bekomme ich Unterstützung über andere Förderprogramme, da ich eine Olympische Sportart betreibe und in einer gewissen Kaderstufe unterwegs bin.

Was machst du alles auf Social Media, damit so viele Sponsoren darauf anspringen?

Philip Schaub: Also ich betreibe eigentlich Storytelling. Als Sportler führt man ein ziemlich cooles Leben (lacht). Ich reise um die Welt und fliege mit meinem Rad durch die Luft, deswegen kann ich meine Follower auf meine Reisen und zu meinen Erlebnissen mitnehmen. Ich fahre auch viel an öffentlichen Pumptracks oder BMX-Strecken, und durch die Kleidung, die ich mit Sponsorenwerbung trage, generiert das auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit, als wenn ich im normalen Pullover unterwegs wäre. Die Leute sprechen mich darauf an und fragen mich, was ich mache. Sie sind interessiert und haben durch Social Media die Möglichkeit, mich weiter zu verfolgen. Die Sponsoren wollen letztendlich, dass man die Leute abholt und durch Plattformen wie Instagram vermittelt, wie toll dieser Sport ist.

Das klingt aber auch ziemlich anstrengend. Wie viel Zeit geht neben Training und Reisen für das Bespielen deiner Social Media Kanäle drauf?

Philip Schaub: Man muss schon viel Zeit investieren und auch aktiv sein, damit der Account relevant und für Sponsoren attraktiv bleibt. Ich opfere schon um die acht Stunden die Woche nur für Social Media, das ist quasi ein normaler Arbeitstag (lacht).

Wie viel trainierst du insgesamt?

Philip Schaub: Also das rein physische Training erstreckt sich auf 20 bis 25 Stunden die Woche. Aber zum Sportlerleben gehört auch die Ernährung, die richtige Vorbereitung auf Wettkämpfe und Training, ob körperlich oder mental, sowie das direkte Aufwärmen, die Streckenbesichtigung und so weiter. Mein ganzes Leben ist auf den Sport ausgerichtet, also ist es eigentlich ein Full-Time-Job.

Du warst Anfang des Jahres aufgrund körperlicher Probleme außer Gefecht gesetzt. Was war passiert und wie lange warst du raus?

Philip Schaub: Ich hatte Anfang März einen Bandscheibenvorfall. Meine Genesungszeit war aber rekordverdächtig kurz (lacht), ich bin nämlich im Mai wieder ins volle Training und Wettkampfgeschehen eingestiegen und Ende Mai, also circa zehn Wochen danach, wieder meine ersten Rennen, auch im Weltcup, gefahren. Das lief natürlich noch nicht perfekt, da ich bei den großen Wettkämpfen immer noch mit Rückenschmerzen zu kämpfen hatte. Bis zu den Deutschen Meisterschaften und der EM im Juli war aber alles wieder normal.

Was hast du durch diese körperlichen Beschwerden und Rückschläge bei der WM oder im Weltcup gelernt? Wie verarbeitest du das?

Philip Schaub: Ich habe schon seit Jahren eine Mentaltrainerin, die immer ein offenes Ohr für mich hat und mich unterstützt. Mental Coaching ist für mich sehr wichtig und hat mir schon so viel gebracht, denn dadurch mache ich mir inzwischen bei Rückschlägen oder schlechten Leistungen keinen zu großen Kopf mehr. Früher habe ich mich direkt verunsichern lassen, wenn es mal nicht so gut lief, und immer das Negative gesehen. Heute weiß ich, dass es mir nichts bringt, mich über Dinge aufzuregen oder mich selbst zu hinterfragen. Man kann als Sportler nur erfolgreich sein, wenn man auch im Kopf 100 Prozent bereit ist und sich mental fit genug fühlt, um seine beste Leistung zu bringen.

Zum Abschluss blicken wir mal noch auf den Beginn von allem. Wie bist du zum BMX-Sport gekommen?

Philip Schaub: Das war eigentlich durch Zufall. Ich habe, als ich fünf Jahre alt war, mit meiner Familie bei uns zuhause rund um Pleidelsheim eine Radtour gemacht und wir sind zufälligerweise an der BMX-Strecke in Ingersheim vorbeigekommen. Die Jungs dort hatten gerade Training und meine Mama hat den Trainer gefragt, ob ich mit meinem Straßenrad dort auch mal fahren darf. Und das hat mich sofort fasziniert. So bin ich immer mehr hineingerutscht und wollte nie wieder was anderes machen. Tja, und heute bin ich BMX-Profi und schiele in Richtung Olympische Spiele…