Quidditch: Eine Sportart nicht nur für „Potterheads“

Stellt euch vor, ihr lauft über einen Rasen, der sich mehr wie eine Kreuzung aus Footballfeld und Zauberwald anfühlt, während zwischen euch die Spieler fliegen – nun ja, zumindest so gut es eben auf einem Besen funktioniert. Dann tretet ein in die faszinierende Welt von Quidditch, dem atemberaubenden Sport, der die Grenzen der Schwerkraft sprengt und Muggel genauso in ihren Bann zieht wie Zauberer. Ja, ihr habt richtig gehört, wir reden hier von Menschen, die auf festem Boden stehen und dennoch auf Besen übers Spielfeld fliegen! Und Quidditch, die von Harry Potter bekannte Fantasy-Sportart, wird in Deutschland immer beliebter. Der Deutsche Quidditchbund hat schon 34 Mitgliedervereine und stellt auch eine Nationalmannschaft, die bei Europa- oder Weltmeisterschaften an den Start geht. Auch in der Landeshauptstadt hat der Sport im Frühjahr 2019 bei den Smoking Cauldron Stuttgart eine Heimat gefunden.

Autor: Lara Auchter

18. September 2023

Wenn der Quidditch Club Stuttgart im Schlossgarten trainiert, bleiben oft Passanten stehen und wundern sich, welche Sportart hier ausgeübt wird.   Foto: SPORT.S

„Der Sport ist ein magisches Gemisch aus Rugby, Handball und Völkerball, bei dem gleichzeitig mehrere Bälle im Spiel sind“, beginnt Smoking Cauldron-Spielerin Victoria Pohl ihren Quidditch-Crashkurs, als wir das Team in Stuttgart beim Training besuchen.

Der Hauptspielball ist der „Quaffel“ oder Volleyball, der in die Tore befördert werden soll, um Punkte zu erzielen. Mit „Dodgebällen“, werden die Spieler:innen abgeworfen, um das gegnerische Team für kurze Zeit zu schwächen. Der „Goldene Schnatz“ – ein ganz in Gelb eingekleideter Spieler, der flink durch die Gegend saust, trägt eine Socke mit einem Tennisball drin, die ihm entrissen werden muss.

Es gibt vier Positionen im Quidditch, oder Quadball, wie es seit 2022 offiziell heißt. Jedes Team schickt erstmal sechs Spieler:innen aufs Feld, von denen maximal drei dem gleichen Geschlecht angehören dürfen: Die drei „Jäger“, oder Chaser genannt, passen sich den Volleyball zu und müssen diesen durch die Tore des gegnerischen Teams werfen, um Punkte zu erzielen. Jeder Quaffel, der durch eines der drei ringförmigen Tore geht, bringt dem Team zehn Punkte. Die zwei „Treiber“, auch Beater genannt, schleudern die Dodgebälle, die einem Völkerball ähneln, in Richtung Gegner. Sie sind dazu da, die Spieler abzuwerfen und zu behindern. Dann gibt es noch einen „Keeper“, oder Hüter, dessen Hauptaufgabe es ist, die drei Tore zu verteidigen und den Quaffel rechtzeitig wegzuschlagen. Die beiden „Sucher“ der Teams, die die Position von Harry Potter aus den Büchern bzw. Filmen bekleiden, kommen gemeinsam mit dem Schnatz später aufs Feld und sind nur dafür verantwortlich, diesen zu fangen. Der Schnatz ist unabhängig und keinem Team angehörig. Seine Aufgabe ist es, die Tennisball-Socke nicht zu verlieren und so lange wie möglich im Spiel zu bleiben.

Wenn ein Spieler seinen Besen verliert, muss er an die eigenen Ringtore (Hoops) zurücklaufen und abschlagen – vorher darf er nicht wieder mit dem Spielverlauf interagieren. Abgeworfene Spieler müssen genauso für kurze Zeit das Spiel verlassen.

Ein Spiel dauert mindestens 20 Minuten. Danach kommen die zwei Sucher und der Schnatz aufs Spielfeld und es geht so lange, bis der Schnatz gefangen wird. Sollte das Team, das zurückliegt, die Socke erobern, geht es in die Verlängerung, für die ein Zielscore festgelegt wird. Victoria Pohl erklärt: „Das Team, das den Schnatz fängt, bekommt 30 Punkte. Nehmen wir als Beispiel, dass es zwischen Team A und Team B 130:50 steht und Team B fängt den Schnatz. Neuer Score ist damit 130:80, womit der zu erzielende Targetscore 160 (130+30) ist. Das Team, das zuerst 160 Punkte hat, gewinnt also das Spiel.“

Genau wie bei jedem anderen Sport gibt es strenge Regeln, um Fairness und Sicherheit zu gewährleisten. Quidditch ist ein Vollkontaktsport und Kollisionen sind erlaubt, aber es gibt klare Grenzen, um Verletzungen zu verhindern. Auch der Besen – für Muggel leider nur ein PVC-Stab – darf nicht länger als einen Meter sein und ein Mundschutz für Spieler:innen ist Pflicht!

Die Herausforderung bei Quidditch liegt darin, das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Rollen zu halten, Taktiken zu entwickeln und gleichzeitig auf dem Spielfeld wachsam zu sein, während man einen hoch anstrengenden und laufintensiven Kontaktsport betreibt.

Muggel-Quidditch beweist, dass man keine Zauberstäbe braucht, um Spaß zu haben. Die Faszination liegt darin, die Magie der Harry-Potter-Welt in die Realität zu übertragen. Spieler und Zuschauer können gleichermaßen die Spannung, den Teamgeist und die einzigartige Atmosphäre erleben, die diese Sportart bietet.

„Wir sind ein bunter Mix aus Harry-Potter Fans, aber auch Leuten die nichts von dessen Fantasy-Welt wissen und den Sport einfach cool finden. Quidditch ist eine super tolerante und enge Community, es sind alle willkommen und wir freuen uns immer über Zuwachs“, erzählt Victoria Pohl zum Abschluss.

Also schnappt euch eure Teamschals, übt eure besten Fluggeräusche und schaut auf www.instagram.com/quidditch_stuttgart/ nach den aktuellen Trainingszeiten!