WE DID IT! – Laura Siegemund über ihren Triumph bei den WTA Finals

Größter Karriereerfolg für Tennisprofi Laura Siegemund: Die 35-jährige Stuttgarterin krönte im mexikanischen Cancun gemeinsam mit Vera Zvonareva ein phänomenales Jahr mit dem Gewinn der WTA Finals im Doppel. Für die SPORT.S-Leser blickt sie nochmal zurück auf das Jahr 2023, in dem sie in der Doppel-Weltrangliste auf Platz fünf sowie im Einzel zurück in die Top 100 kletterte.

Liebe Leserinnen und Leser des SPORT.S-Magazins,

gerne gebe ich euch hier einen kleinen Einblick in mein Jahr 2023. Nachdem ich im Einzel nach meiner letzten Knie-OP im Herbst 2021 aus den Top 100 rausgerutscht war, habe ich meinen Fokus in dieser Saison erstmals ganz aufs Doppel gelegt. Da ich dort zum Jahreswechsel in den Top 30 stand, war der Weg zu den großen Turnieren im Doppel einfacher als im Einzel. Wenn ich dann vor Ort war, um Doppel zu spielen, habe ich geschaut, dass ich dort jeweils auch noch im Einzel die Quali spielen konnte.

Gleich zum Jahresbeginn habe ich gemeinsam mit meiner damaligen Doppelpartnerin Kirsten Flipkens das Turnier in Hobart gewonnen. Richtig durchgestartet bin ich dann aber erst wieder mit Vera Zvonareva an meiner Seite, mit der ich schon 2022 die Turniere in Lyon und Miami gewonnen hatte.

Laura Siegemund (links) und Vera Zvonareva mit dem Siegerpokal der WTA Finals. Foto: privat

Vera und ich haben im Juli in Wimbledon das Viertelfinale erreicht und hatten so schon in Richtung Sommer einige recht gute Ergebnisse erzielt. Obwohl ich zwischendurch immer mal wieder mit kleineren Verletzungen zu kämpfen hatte, habe ich bei den ganzen Turnieren parallel auch im Einzel die Qualis gespielt und mich dort so gut geschlagen, dass mein Ranking sich step by step verbessert hat.

Das Doppel stand dennoch das ganze Jahr über im Vordergrund, denn ich wollte mir meinen Karrieretraum, in der Doppel-Weltrangliste die Top 10 zu knacken und es vielleicht sogar zu den WTA Finals zu schaffen, erfüllen. Für 2023 war das eigentlich noch gar nicht wirklich vorgesehen, aber irgendwie gestaltete sich das Erreichen dieser Ziele mit fortschreitender Saison doch immer machbarer. Und dann standen wir plötzlich wieder im Finale der US Open – ein super Erfolg für Vera und mich, der uns beflügelte. Auch im Einzel habe ich dort gezeigt, dass ich weiterhin auf Top-Niveau spielen kann: Ich habe mich durch die Quali gekämpft und gegen die spätere US Open-Siegerin Coco Gauff in einer starken Partie knapp in drei Sätzen verloren.

Dann startete Ende September der letzte Abschnitt des Jahres mit den Turnieren in Asien. Dort ging es für uns hauptsächlich darum, dass wir noch irgendwie die Chance nutzen, uns für die Finals zu qualifizieren. Alles spitzte sich auf das letzte Turnier, die Jiangxi Open im chinesischen Nanchang, zu. Wir wussten, wenn wir dort den Turniersieg holen, sind wir bei den Finals dabei.

Und tatsächlich – wir haben das Finale für uns entschieden! Das war emotional ein echter Rollercoaster. Wir hatten es wirklich auf den allerletzten Metern geschafft und ich hatte damit genau die beiden Karriereziele erreicht, die ich noch schaffen wollte, bevor ich mit dem Tennisspielen aufhöre (keine Angst, ich höre noch nicht auf): Ich hatte mich für die Finals qualifiziert und durch den Turniersieg gleichzeitig den Sprung in die Top 10 im Doppel geschafft!

Parallel habe ich in diesen Wochen auch im Einzel sehr gut gespielt.Bei den Zhengzhou Open konnte ich als Qualifikantin durch einen Sieg gegen die Nummer 16 der Weltrangliste, Liudmila Samsonova, ins Viertelfinale einziehen, was mir den Sprung zurück in die Top 100 ermöglichte.

Ja, und dann ging es nach Mexiko zu den Finals. Dass wir uns dafür qualifiziert hatten, war ja schon grandios. Dass wir sie dann aber auch noch gewinnen konnten, das war nochmal eine extra große Kirsche auf dem eh schon riesigen Kuchen! Das sind Momente, die man nie vergessen wird. Dass ich diesen Karrierehöhepunkt dann auch noch mit Vera teilen konnte, machte es noch viel schöner, denn wir sind in den letzten Jahren als Team enorm zusammengewachsen.

Das Turnier in Cancun, das muss ich leider auch deutlich sagen, war für ein solches Saisonfinale absolut unwürdig. Wir waren dort extremen Wetterbedingungen ausgesetzt – Mexiko befand sich mitten in der Hurricane-Saison und es war ja ein Outdoor-Turnier – und auch die Organisation war sehr enttäuschend. Ich glaube, jede Spielerin ist in der Woche in Cancun mehrfach an ihre mentalen Grenzen gestoßen. Es war eigentlich unmöglich, dort gutes Tennis zu spielen. Aber man muss sich natürlich trotzdem irgendwie durchbeißen, und so wie es aussieht, haben Vera und ich ein bisschen besser gebissen als die anderen. Wir konnten uns von Match zu Match steigern und haben trotz der schwierigen Bedingungen ein unglaublich gutes Tennis gespielt. Das war schon beeindruckend und ich bin extrem stolz auf uns.

Nach dem Triumph in Cancun habe ich erstmal Urlaub gemacht und den Tennisschläger für zehn Tage in die Ecke gelegt. Inzwischen befinde ich mich aber schon wieder in den Vorbereitungen fürs neue Jahr. Dort geht es dann gleich im Januar in Australien los.

Die Prioritäten haben sich für 2024 wieder etwas verschoben. Das Doppel steht natürlich weiterhin im Vordergrund. Aber dadurch, dass ich im Einzel auf Rang 86 ins neue Jahr starte, stehe ich bei den Australian Open direkt im Hauptfeld. Mein Ziel im Einzel ist es, den Platz in den Top 100 zu festigen. Und im Doppel? Da ist fast alles drin, und ich möchte gerne möglichst auch noch den einen oder anderen Grand Slam gewinnen.

Ich wünsche euch allen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr, eure Laura