Lena Backhaus – Geschäftsführerin der SG BBM Frauen
Für die Handballspielerinnen der SG BBM Bietigheim und ihre Geschäftsführerin Lena Backhaus, die im September 2021 ihr neues Amt antrat, gab es in der Saison 2021/22 viel zu feiern. Wettbewerbsübergreifend konnte man 63 Spiele in Serie gewinnen, holte die Meisterschaft, den Pokal, sowie den Supercup und triumphierte dazu auch noch in der EHF European League. Im Oktober 2022 riss die unglaubliche Serie dann beim Gastspiel in der Champions League beim dänischen Meister Odense Håndbold. Wir haben uns mit Lena Backhaus getroffen, um über ihren persönlichen Background, aber auch über sportliche, finanzielle und logistische Herausforderungen der SG BBM Frauen zu sprechen.
Autor:Nils Arnold
Foto: Marco Wolf
Du hast deinen Job als Geschäftsführerin 2021 fast genau mit dem Beginn der Erfolgsserie angetreten. Der Einstieg hätte schlechter ausfallen können, oder?
Lena Backhaus: Das stimmt (lacht). Die Saison war allerdings schon gestartet, als ich angefangen habe. Ich habe am 16. September das Amt übernommen, der Supercup fand aber schon am Anfang des Monats statt, sodass ich dieses Spiel noch nicht miterlebt habe. Das alles ging sehr schnell und ich musste meine vorherigen beruflichen Themen entsprechend verteilen, was etwas Zeit in Anspruch genommen hat. Ich wurde quasi direkt ins kalte Wasser geworfen. Mein Vorgänger war noch zwei Wochen da, um mich etwas einzulernen, und dann musste ich das Ruder in die Hand nehmen. Da in dieser einen Saison dann so viel passiert ist, fühlt sich meine Amtszeit jetzt schon viel länger als nur ein Jahr an.
Neben deiner bisherigen Tätigkeit als Steuerberaterin bist du als Mentaltrainerin und Yogacoach tätig gewesen. Wie bist du dazu gekommen?
Lena Backhaus: Ich war früher Leistungsschwimmerin, spiele mittlerweile Tennis und habe mich immer für Sportevents interessiert. Mich hat schon immer der mentale Aspekt des Sports gereizt. 2019 habe ich mich dazu entschlossen eine Ausbildung zur Mentaltrainerin zu machen. Dieses Mentaltraining habe ich mit Yoga kombiniert und nebenberuflich für Fußballmannschaften angeboten.
Ist so auch der Kontakt zur SG BBM Bietigheim zustande gekommen?
Lena Backhaus: Nein, der ist anders entstanden. Ich wurde angesprochen, ob ich den Job übernehmen möchte – sprich, ich war nicht aktiv auf der Suche nach einer beruflichen Veränderung. Das Angebot hat mich sehr gereizt, weil ich hier meine Leidenschaft für den Sport und meine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse perfekt kombinieren kann. Zudem fand ich es spannend, im Frauensport tätig zu werden.
Was genau ist dein Aufgabenbereich?
Lena Backhaus: Als Geschäftsführerin muss man alles überblicken, weshalb der Job sehr vielfältig ist. Ich bin vor allem für das Finanzielle und Verwaltungstechnische zuständig. Dazu gehören Themen wie die Finanzierung, die Sponsorenakquise, aber auch die Integration digitaler Innovationen oder die Bewältigung anstehender Herausforderungen. Ein weiteres Thema sind die Ticketverkäufe. Wir verkaufen zurzeit noch weniger Tickets als vor Corona, vermutlich auch aufgrund der Energiekrise. Da heißt es Ideen sammeln, wie man die Leute zum Beispiel über digitale Angebote dazu motivieren kann, wieder zu uns in die Hallen zu kommen. Um den sportlichen Bereich kümmert sich unser Sportdirektor Gerit Winnen, da mir in diesem Bereich die Expertise fehlt. Ich hätte den Job nicht angenommen, wenn ich mich auch um das Sportliche hätte kümmern müssen.
Du sprichst das Zuschauerthema an, das man momentan von vielen Vereinen, gerade im Hallensport, mitbekommt. Wie viele Zuschauer kommen bei euch im Schnitt?
Lena Backhaus: Das ist schwierig zu sagen. Letzte Saison konnte man aufgrund coronabedingter Einschränkungen oftmals nur eine begrenzte Anzahl an Tickets verkaufen und in dieser Saison sind noch nicht allzu viele Spiele gespielt. Wir hatten bei den Champions League-Spielen in dieser Saison zwischen 1.200 und 1.800 Zuschauer. Ich hoffe, dass wir bei den nächsten Begegnungen daran anknüpfen können. Es ist immer sehr schwer einzuschätzen, wie viele Zuschauer wirklich kommen, weil viele Tickets erst in der Woche des Spiels oder an der Abendkasse gekauft werden. Wir haben eine große Anzahl an Spielen. Da ist es schwierig, alle vermarktet zu bekommen. Vor allem die Bundesligapartien unter der Woche abends sind nicht optimal. Da muss der Fokus mehr auf die Topspiele und die Champions League gelegt werden.
In welcher Halle spielt ihr?
Lena Backhaus: Wir spielen dieses Jahr in zwei Hallen. Die Champions League-Spiele und die Spitzenspiele in der Bundesliga werden in der MHPArena in Ludwigsburg ausgetragen. Die restlichen Partien spielen wir in Bietigheim in der Sporthalle am Viadukt, die auch gleichzeitig unsere Trainingshalle ist. In der letzten Saison mussten wir aus Kapazitätsgründen auch mal für zwei Spiele in die
Scharrena ausweichen.
Wie kommt es, dass ihr nicht alle Spiele in Bietigheim austragt?
Lena Backhaus: Das hat mehrere Gründe. Ein Grund dafür sind die Hallenkapazitäten. In der EgeTrans Arena spielen die Bietigheim Steelers und unsere Herren. Da ist kein Platz für ein drittes Team. Zum anderen liegt es an den Auflagen des Europäischen Handballverbands. Die Sporthalle am Viadukt erfüllt die Auflagen für die Champions League nicht. Die Hallen müssen dafür unter anderem beidseitige Tribünen haben und eine bestimmte Anzahl an Zuschauern fassen. Beides kann die Halle nicht vorweisen. Wir mussten uns nach Alternativen umsehen und konnten arrangieren, dass wir auch in diesem Jahr wieder die MHPArena mitbenutzen dürfen. Ab 2025 wird dieses Thema auch in der Liga kommen. Wie in der Champions League müssen die Hallen bei Ligaspielen dann beidseitige Tribünen aufweisen. Das ist ein Problem für uns, da wir eine Halle für über zehn Spiele finden müssen. Zurzeit befinden wir uns deshalb in Gesprächen mit der Stadt Bietigheim. Wir gucken uns aber in der ganzen Region um und suchen nach Möglichkeiten, weil der Bau einer neuen Halle in den jetzigen Zeiten unrealistisch erscheint.
Schauen wir auf das Sportliche. Euer Trainer Markus Gaugisch ist seit diesem Jahr auch Bundestrainer. Wie geht ihr bei der SG BBM mit seiner Doppelbelastung in Verein und Nationalteam um?
Lena Backhaus: Es ist schon ein gewisses Risiko dabei, aber im Handball gibt es diese Doppelrolle immer mal wieder. Es war der Wunsch von Markus, den Job beim DHB anzunehmen, dem wir natürlich gerne nachgekommen sind. Es war klar, dass wir trotzdem mit ihm in diese Saison gehen werden, da er einen Zweijahresvertrag hat. Wir haben uns so ein Jahr Zeit verschafft, um in Ruhe an einer Alternative für die nächste Saison zu arbeiten, weil klar ist, dass er nach dieser Saison aufhören wird. Bis jetzt läuft die Saison ähnlich gut wie die letzte und es scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein.
Bist du bei jedem Spiel in der Halle?
Lena Backhaus: Ich bin bei jedem Heimspiel da, fahre aber nicht zu den Auswärtsspielen mit, da ich auch eine Familie habe, die nicht zu kurz kommen darf. In der Rolle der Geschäftsführerin sehe ich mich auch nicht gezwungen überall dabei zu sein. Das wäre eher der Fall, wenn ich die Rolle des Sportdirektors innehaben würde. Zu den Spitzenspielen und Champions League-Spielen fahre ich natürlich auch mal mit. Es ist etwas Besonderes bei den Auswärtsspielen dabei zu sein. Man kann viel lernen und mitnehmen. Vor allem in den skandinavischen Ländern bekommt man viel Inspiration für neue Projekte.
Hat sich der Einzug in die Champions League positiv auf den Bereich Sponsoring ausgewirkt?
Lena Backhaus: Wir konnten durch unsere Erfolge in der letzten Saison mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen und dadurch Sponsorenbeträge erhöhen. Neue Sponsoren zu gewinnen ist allerdings schwierig, weil viele Unternehmen ihre Sponsoringbudgets erstmal zurückgefahren haben. Die sportlichen Erfolge sind immer Fluch und Segen. Wir nehmen jetzt zwar mehr Geld durch unsere Sponsoren ein, aber auch die Kosten steigen. Die Auswärtsfahrten werden noch mehr und wir müssen den Spielerinnen Prämien für die Titelgewinne zahlen. Man braucht dafür einen stabilen finanziellen Background. Wir führen zurzeit viele Gespräche mit Unternehmen, da wir unser Partnernetzwerk erweitern müssen. Man kann jedoch nicht mit jedem potenziellen Sponsor eine Kooperation eingehen, da die Unternehmen auch zu uns passen müssen. Das Thema ist sehr komplex und man darf sich nicht nur auf den bestehenden Kooperationen ausruhen.