Im Halbfinale war Endstation. Der HC Oppenweiler/Backnang ist nach dem 17:28 beim TuS Ferndorf aus dem Aufstiegsrennen. Am Ende war es eine klare Sache. Nach 20 Minuten waren die Murrtaler aber drauf und dran, nach der knappen Niederlage im Hinspiel die Partie zu kippen. Sie hatten mehrmals die Chance, mit drei Toren zu wegziehen. Sie scheiterten aber am überragenden Ferndorfer Torwart Jonas Wilde und kamen in Durchgang zwei im Angriff nicht mehr auf Touren.

Von Alexander Hornauer

In der Sporthalle in Ferndorf herrschte schon vor Spielbeginn grandiose Stimmung, ein Höllenlärm und riesige Vorfreude. Fast alle Zuschauer waren in roten Shirts gekleidet. Ein Eck gehörte den HCOB-Fans in Grün, rund 40 waren dabei. Eine schlechte Nachricht gab es vor Anwurf: Rechtsaußen Axel Goller musste verletzt passen. Dafür kehrte der im Hinspiel fehlende Juniorennationalspieler Elias Newel ins Team zurück.
Bei Ferndorf fehlte Julian Fanger, der sich im Hinspiel das Kahnbein gebrochen hatte. Als das Spiel gerade angepfiffen war, gab es einen weiteren Dämpfer für die Gastgeber. Der Alt-Internationale Janko Kevic legte HCOB-Außenspieler Philipp Maurer, sah Rot. Der Denker und Lenker des Ferndorfer Spiels fehlte seinem Team damit 56 Minuten. Sorgenvolle Blicke in den Reihen des TuS.

Der HCOB nutzte die Verunsicherung, legte einen starken Start hin, führte mit 6:4 und nach einem 40-Meter-Treffer von Torwart Jürgen Müller mit 10:8. „Wir hatten eine richtig gute Phase“, fand HCOB-Rekordspieler und Torwarttrainer Stefan Merzbacher nach dem Spiel. Der HCOB agierte im Angriff diszipliniert und zielstrebig, verteidigte gut, außerdem hielt Keeper Jürgen Müller klasse. Das Duell hätte kippen können. „Wenn wir da das dritte Tor Vorsprung draufgepackt hätten, wäre es in der Halle noch ruhiger geworden und die hätten das Flattern gekriegt“, befand Stefan Merzbacher.

Nur: der HCOB ließ die Chance aus, einen dritten oder vielleicht einen vierten Treffer Vorsprung durchzulegen. Nicht nur einmal, sondern wiederholt „Wir sind da an unseren eigenen Fehlern gescheitert“, fand Stefan Merzbacher. Außerdem wurde Torwart Jonas Wilde zum Faktor. Der nach 20 Minuten eingewechselte Keeper ließ bis zum Seitenwechsel kein Gegentor zu. „Er hat alles weggemacht, auch sehr gute Chancen“, urteilte HCOB-Trainer Daniel Brack. „Wir haben uns deshalb vorne immer schwerer getan. Ferndorf drehte die Partie bis zur Pause, führte 14:10.

In Summe waren es damit sieben Tore Different. Die HCOB-Handballer brauchten nun ein Wunder. Trainer Daniel Brack stellte die Abwehr um, ließ mit zwei vorgezogenen Akteuren verteidigen. Das funktionierte teilweise. Der nun im Kasten stehende Levin Stasch machte einige Chancen der Hausherren zunichte, die allerdings mehrmals Abpraller sicherten und im zweiten Anlauf doch noch trafen. Schlimmer aus Sicht der Gäste: sie machten aus Ballgewinnen zu wenig.

Der HCOB fand im Angriff überhaupt nicht mehr in die Spur. Die Ferndorfer, ohnehin die Mannschaft mit den wenigsten Gegentoren, verbissen sich in die Zweikämpfe, ließen kaum noch etwas zu – und durften sich weiter auf Torwart Jonas Wilde verlassen, der bis zum Ende einen Wurf nach dem anderen abwehrte. Trainer Ceven Klatt war hellauf begeistert: „Die Abwehr war die Basis für unseren Erfolg, da haben wir heute vieles richtig gemacht, unser kompletter Verband war einfach fantastisch.“ Kein Wunder, dass die Stimmung in der Sporthalle Stählerwiese wieder am Siedepunkt war. Die Heimmannschaft bejubelte jede Aktion, holte sich Selbstvertrauen für die nun anstehenden Endspiele – und unterstrichen mit dem 28:17 ihre derzeitige Topform.

Über die zwei Spiele waren die Ferndorfer, die damit Deutschland einziger Drittligist ohne Niederlage bleiben, der verdiente Sieger. Im Endspiel gegen den MTV Braunschweig ist der Club aus dem Siegerland wohl haushoher Favorit. Der HCOB verkaufte sich mit Blick auf die erste Halbzeit im Hinspiel und die ersten 20 Minuten im Rückspiel gegen einen Gegner, der zum richtigen Zeitpunkt der Saison auf seinem absolutem Leistungsoptimum agierte, ergebnistechnisch allerdings unter Wert – und wird in der kommenden Runde mit dann personell auf einigen Positionen verändertem Kader einen neuen Anlauf nehmen.

Stimmen zum Spiel
HCOB-Trainer Daniel Brack: „Ferndorf ist verdient weitergekommen. Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen und haben mehrfach die Chance gehabt, mit drei Toren wegzukommen. Leider ist uns das nicht gelungen, der Ferndorfer Torwart Jonas Wilde hat phasenweise alles weggemacht, auch sehr gute Chancen. Wir haben uns deshalb vorne immer schwerer getan. Nach der Pause haben wir mit einer taktischen Änderung in der Abwehr versucht, das Spiel zu drehen. Da hatten Ferndorf dann auch einige Fehlwürfe, aber wir haben die Ballgewinne gar nicht mehr in Tore umgemünzt.“
TuS-Trainer Ceven Klatt: „Die Abwehr war die Basis für unseren Erfolg, da haben wir heute vieles richtig gemacht, unser kompletter Verband war einfach fantastisch. Jetzt werden wir den Moment genießen, ab Dienstag konzentrieren wir uns auf Braunschweig.“

Rund ums Spiel
1400 Zuschauer verfolgten das Spiel in der Sporthalle Stählerwiese, die vor einigen Jahren durch einen Anbau auf dieses Fassungsvermögen gebracht worden war. Nun vermeldete der Club erstmals „ausverkauft“, ein neuer Zuschauerrekord für ein Handballspiel in Ferndorf.
Für den TuS Ferndorf geht es im Endspiel gegen den MTV Braunschweig, der sich gegen den TV Emsdetten aufgrund der mehr erzielten Auswärtstore durchsetzte. Das andere Endspiel bestreiten die HSG Konstanz und der HC Eintracht Hildesheim.
Die Schiedsrichterinnen Sophia Janz (Köln) und Rosana Sug (Köln) behielten in hitziger Ruhe kühlen Kopf und leiteten hervorragend. Die frühe Rote Karte gegen Ferndorfs Janko Kevic sorgte für einige Unmutsbekundungen, war aber die richtige Entscheidung.
Der HCOB geht in die Sommerpause. Das nächste Pflichtspiel findet in nicht ganz drei Monaten statt. Am 26. oder 27. August steht die erste Runde um den DHB-Pokal auf dem Programm.