David Wrobel – Abschied nach 16 Jahren Leistungssport

„Es wird Zeit Tschüss zu sagen… Nach 16 Jahren Leistungssport, bin ich an den Punkt gekommen, meine aktive Karriere zu beenden und dies tu ich mit einem guten Gewissen und dennoch wehmütig.“ Mit diesen Worten kündigte David Wrobel Ende Juni 2024 auf Instagram das Ende seiner aktiven Laufbahn an. Seine Abschiedstour führte ihn noch über die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig bis zur Endstation ins Erzgebirge, wo er am 16. August mit 33 Jahren beim Thumer Werfertag zum letzten Mal den Diskus fliegen ließ. Drei Tage später haben wir uns mit einem tiefenentspannten David Wrobel am Olympiastützpunkt getroffen, um uns mit ihm über seine Karriere, seine Laufbahn bei der Bundeswehr und seine Zukunftspläne zu unterhalten. Beruhigend zu erfahren: Mit David bleibt einer der wenigen „echten Typen“ der Leichtathletik auch weiterhin erhalten, um künftig als Trainer die nächste Generation an die Spitze zu führen.

Autor:Ralf Scherlinzky

24. September 2024

Zwei „Jungsenioren“ auf der „Rentnerbank“ in der Molly-Schauffele-Halle am Olympiastützpunkt: David Wrobel (rechts) und SPORT.S-Herausgeber Ralf Scherlinzky.
Foto: Nils Waller

Herzlich willkommen in der Sportler-Rente, David. Was überwiegt drei Tage nach deinem Abschied: Wehmut oder Erleichterung?

David Wrobel: Weder, noch – denn ich habe am Wochenende direkt meinen Einstand als Mittelstürmer beim TB Ruit in der Fußball-Kreisliga B Neckar/Fils gefeiert. Das mit der Sportler-Rente stimmt so also nicht ganz (lacht). Die Kondition hat beim ersten Einsatz immerhin für 73 Minuten gereicht. Das ist zwar natürlich kein Leistungssport mehr, ist aber dennoch gut, um den Körper in Form zu halten und abzutrainieren. Und das Zusammensitzen nach dem Spiel macht auch Spaß.

Ok, wir fragen anders: Wie war dein Abschied vom Diskuswerfen?

David Wrobel: Er war tatsächlich etwas weniger emotional als ich erwartet hatte, da ich vier Wochen Zeit hatte, um mich mental darauf vorzubereiten. Aber klar, meine Familie war genauso da wie viele Freunde, von denen einige sogar extra aus Österreich gekommen sind. Das war schon nochmal toll. Als ich in den Ring reingegangen bin und zu ihnen rausgeschaut habe, habe ich plötzlich mich selbst in mehrfacher Ausführung gesehen – die hatten sich David-Wrobel-Gesichtsmasken gemacht, die sie aufgesetzt haben, das war schon verrückt (lacht). Dass in Thum jetzt keine große Weite mehr rauskommen würde, war mir vorher schon klar. Aber ich konnte den Wettbewerb nochmal in vollen Zügen genießen.

David Wrobel 2023 beim Leichtathletik-Meeting seines „Herzensvereins“ VfB Stuttgart. Foto: Thomas Kircher (2)

Wie und wann ist die Entscheidung gereift, dass du aufhörst?

David Wrobel: Final war das glaub ich im Trainingslager in Portugal im April, das mir körperlich ganz schön an die Substanz ging. Ich hatte ja vorher schon gesagt, dass ich in Richtung Paris nochmal angreifen möchte und dann spätestens 2025 aufhöre. Die 62,11 Meter, die ich im Mai in Magdeburg geworfen habe, waren für mich nochmal ein überraschendes Saison-Highlight, aber mehr ging einfach nicht mehr. Außerdem sehe ich ja, dass die jungen Athleten mit Macht von hinten drängen. Die 2003er, 2004er Jahrgänge werfen jetzt zum Teil schon weiter als ich in meiner besten Zeit.

Wie geht es jetzt für dich weiter in der „Karriere nach der Karriere“?

David Wrobel: Ich werde die Trainerkarriere einschlagen. Im Oktober beende ich meinen A-Schein und werde dann noch ein paar Talentsichtungslehrgänge mitmachen, ehe ich ab dem 1. Januar 2025 für 25 Stunden pro Woche auf Praktikumsbasis am Olympiastützpunkt als Trainer tätig werde. Später im nächsten Jahr plane ich dann, in Köln noch meinen Diplomtrainer zu machen. Bis zum 31. Oktober bin ich jetzt erstmal noch bei der Bundeswehr als Sportsoldat angestellt und werde in den verbleibenden beiden Monaten abtrainieren und regenerieren. Und ich liebäugle gerade noch mit einer Reise nach Japan oder Kanada…

Du hast die Bundeswehr schon angesprochen. Welchen Stellenwert hat sie in deiner Karriere eingenommen?

David Wrobel: Dass ich 2014 von der Sportfördergruppe der Bundeswehr aufgenommen wurde, war für meine Sportkarriere eminent wichtig, denn so konnte ich mich komplett auf den Sport fokussieren. Als Sportsoldat bei der Sportfördergruppe Frankenberg habe ich zehn Jahre lang mein monatliches Gehalt von der Bundeswehr bezogen und musste mich auch nicht um Sozialabgaben, medizinische Versorgung etc. kümmern, denn das hat alles die Sportfördergruppe übernommen. Im Gegenzug war es mein Job, Deutschland mit meiner bestmöglichen Leistung zu repräsentieren. Einen besseren Förderer hätte ich mir nicht vorstellen können.

Wie bekommt man als Sportler einen der begehrten Plätze bei der Sportfördergruppe?

David Wrobel: Man muss ein bestimmtes Leistungsniveau nachweisen können und ich habe mich über meinen Sportfachverband bei der Bundeswehr beworben. Als ich mich 2012 zum ersten Mal beworben hatte, wurde ich noch abgelehnt, weshalb ich dann erstmal meine Ausbildung zum Bürokaufmann beendet habe. Als ich mich 2014 zum zweiten Mal beworben habe, hieß es, du musst 63 Meter werfen, um aufgenommen zu werden. Da hatte ich eine Bestweite von 61,18 Metern, die ich dann bei der Deutschen Meisterschaft auf 62,72 Meter verbessern konnte, was letztlich meine Fahrkarte zur Bundeswehr war.

Wie muss man sich das Leben als Soldat bei der Sportfördergruppe vorstellen?

David Wrobel: Ich habe 2014 erstmal die Grundausbildung genossen, die damals noch sechs Wochen lang gedauert hat und inzwischen auf vier Wochen verkürzt wurde. In den zehn Jahren bin ich step by step über die regelmäßig stattfindenden Laufbahnlehrgänge zum Stabsunteroffizier aufgestiegen, und eigentlich würde jetzt im Oktober mein Feldwebel-Lehrgang anstehen. Mit jedem Rang, den man höher rutscht, steigt auch das Gehalt. Ich habe in meiner Zeit in der Spitzensportförderung der Bundeswehr zudem meinen C- und B-Trainerschein gemacht, und die Bundeswehr bezahlt jetzt über die Berufsförderung, welche allen Zeitsoldatinnen und Soldaten zusteht, auch den A-Schein. Außerhalb der Lehrgänge sah mein Tagesablauf ungefähr so aus: Morgens um 10 Uhr Training, danach Mittagessen, ein kurzer Mittagschlaf und dann an den meisten Tagen am Nachmittag noch ein zweites Training. Dafür habe ich das Bundeswehr-Logo auf meiner Sportkleidung getragen und es gab ein paar repräsentative Pflichtveranstaltungen, bei denen ich vor Ort sein musste. Das sind aber Kleinigkeiten, die ich da aufbringen musste, und ich habe dafür Großes zurückbekommen.

Ist es tatsächlich so, dass du auch nach deiner Karriere noch von der Bundeswehr bezahlt wirst?

David Wrobel: Ja, durch den Berufsförderungsdienst (BFD) wird den Mitgliedern der Sportfördergruppe die Eingliederung ins Berufsleben ermöglicht. Ich war zehn Jahre bei der Bundeswehr angestellt und kann dadurch den BFD für vier Jahre in Anspruch nehmen. Wir können beispielsweise mit vollen Bezügen noch eine Berufsausbildung in der freien Wirtschaft absolvieren. Ich nehme dies in jedem Fall für meine Ausbildung zum Diplomtrainer wahr.

Lass uns zum Abschluss nochmal auf deine sportliche Karriere zurückblicken. Welches waren deine persönlichen Highlights?

David Wrobel: Die 16 Jahre waren eine aufregende Zeit mit vielen Highlights. Fast jeder Sportler träumt davon, irgendwann mal an Olympischen Spielen teilzunehmen. Das habe ich 2021 im gehobenen Alter von 30 Jahren in Tokio geschafft. Zwei Jahre davor war die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Doha ein absoluter Höhepunkt. Was mir auch immer in Erinnerung bleiben wird, ist die Deutsche Meisterschaft 2014 in Ulm – mein Heimspiel, bei dem die ganze Familie und viele Freunde dabei waren. Ich wurde erst im allerletzten Versuch von Daniel Jasinski noch von Rang drei verdrängt, konnte mir aber meinen Platz bei der Bundeswehr sichern. Ein cooles Erlebnis war auch die U20-WM 2010 in Kanada – das erste Mal, dass ich über den „großen Teich“ geflogen bin.

Und jetzt geht es im nächsten Lebensabschnitt darum, jungen Sportlerinnen und Sportlern den Weg zu solchen Erlebnissen zu ebnen…

David Wrobel: Genau. Die Leichtathletik hat mir 16 Jahre lang so viel gegeben. Jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzugeben und mit meiner Erfahrung junge Athletinnen und Athleten an die Spitze zu führen.