Mehr Spannung geht nicht: Die Handballer des HC Oppenweiler/Backnang kämpfen am Samstag (20 Uhr, Gemeindehalle Oppenweiler) im direkten Duell mit den Wölfen Würzburg um den Einzug in die Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga. Für Torwart Jürgen Müller ist es eine besondere Partie: Der erfahrene Keeper beendet nach dieser Saison seine Handballlaufbahn – und ist vor dem entscheidenden Match noch einmal voller Vorfreude und Motivation.
Von Alexander Hornauer
3915 Minuten Einsatzzeit in 89 Begegnungen stehen für Jürgen Müller zu Buche. Seit vier Jahren trägt er das Trikot des HCOB. 2020 kam er von der SG BBM Bietigheim. Professioneller Handballspieler ist er rund 20 Jahre, unter anderem bei HBW Balingen-Weilstetten, beim HSV Hamburg und ein Jahr in Schweden. Dass nun der Abschied für den 37-Jährigen näher rückt, ist ihm bewusst, aber nicht omnipräsent: „Da ich mich bereits vor einigen Monaten bewusst dafür entschieden habe, nach dieser Saison meine aktive Karriere zu beenden, überrumpelt mich diese Situation nicht.“ Vielmehr freut er sich auf die letzten Spiele und darüber, dass richtig Feuer drin ist. „Wir sind jetzt in der entscheidenden Phase der Saison“, sagt er. „Wir haben es selbst in der Hand, die Aufstiegsrunde zu erreichen.“ Deshalb gilt die volle Konzentration dem Spiel gegen Würzburg. Alles andere kommt danach.
Als sich Jürgen Müller vor viereinhalb Jahren im Vorfeld des Wechsels mit dem HCOB befasste, „wurde mir von einem familiären Verein berichtet, der sich kontinuierlich weiterentwickeln will. Genauso war es.“ Und zwar in positiver Hinsicht. Emotional, „weil ich schnell zu vielen Menschen einen guten Draht gefunden habe.“ Und sportlich. Mit Jürgen Müller und oft auch aufgrund seiner Leistungen entwickelte sich die Mannschaft, die vor einigen Jahren um den Verbleib in der Liga kämpfen musste, zum Spitzenteam. „Darüber freue ich mich sehr“, sagt der Keeper, der in jungen Jahren einmal für die Nationalmannschaft spielte, und sieht einen Grund darin, dass die Strukturen und Rahmenbedingungen im Verein in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht optimiert wurden. „Der HCOB ist auf einem guten Weg“, findet Jürgen Müller. Im vergangenen Jahr wurde die Mannschaft Staffelsieger, nun bietet sich erneut die Chance zum Einzug in die Aufstiegsrunde. Die Ambitionen sind da und werden untermauert. „Mein Anspruch war, der Mannschaft zu helfen“, erinnert sich Jürgen Müller ans Jahr 2020 zurück. Sein sympathisch zurückhaltendes Wesen hält ihn davon ab, sich selbst zu sehr in den Fokus zur rücken, aber klar ist: Seine Paraden waren für viele Siege in den vergangenen Jahren nicht nur wichtig, sondern entscheidend.
Und so soll es auch am Samstag gegen die Wölfe aus Würzburg sein. „Es ist das entscheidende Spiel um die Aufstiegsrunde, darum erwarte ich ein in der Abwehr hart geführtes Spiel mit zwei Mannschaften, die das Spiel unbedingt gewinnen wollen“, sagt Jürgen Müller. Das Hinspiel hat er nicht vergessen. „Da haben wir noch etwas gutzumachen. Nun haben wir den Heimvorteil, und wir treten mit voller Kapelle an. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir das Spiel gewinnen werden.“
Die Einschätzung des Trainers:
Trainer Daniel Brack berichtete am Mittwoch, „dass der Puls noch im Normalbereich ist“, aber er ahnt: je näher die Partie heranrücken wird, umso mehr wird dieser in höhere Sphären schießen. Den Coach freut, dass seine Mannschaft gegen Waiblingen und Erlangen II die zwei höchsten Siege der Saison einfuhr. „Wir wollen es aber nicht überbewerten. Für unsere Gegner ging es um wenig, wir hatten ein Ziel vor Augen. Bei uns war Entschlossenheit drin, weil wir unbedingt dieses Endspiel wollten, und deshalb freue ich mich darauf jetzt in besonderem Maße.“ Ans Hinspiel denkt er ungern: „Würzburg hat uns vorgeführt. Es war das einzige Spiel dieser Saison, in dem wir keine Chance hatten.“ Trainer Daniel Brack will nicht zu viel Respekt zeigen, es gelte, Lehren und Erkenntnisse daraus zu ziehen, „wir dürfen aber auch das Hinspiel nicht überbewerten.“ Damals gab es kurzfristige Ausfälle, jetzt werden die Karten neu gemischt. Jedem im HCOB-Team sei bewusst, wie schwer die Aufgabe ist: „Die Wölfe haben in der Rückrunde ihre Klasse gezeigt.“ Der Zweitliga-Absteiger arbeitet eine Liga tiefer unter unveränderten Rahmenbedingungen, ist „als Mannschaft verschworen und hat eine hohe Aggressionsbereitschaft.“ In der Abwehr geht es gewaltig zur Sache. Vorne „haben sie ein gutes Tempospiel und eine gute Abschlussqualität von außen.“ Den letzten Big Point der Südstaffel will trotzdem er mit seinem Team setzen, auch mit dem Heimvorteil im Rücken. „Ich erwarte eine große Atmosphäre. Man merkt die Anspannung und auch die Vorfreude.“ Für ihn und sein Team sei die Zielrichtung klar: „Wir können an diesem Abend etwas Großes erreichen.“
Die Ausgangslage:
Wenn der HCOB gegen Würzburg gewinnt, ist er mindestens Dritter und für die Aufstiegsrunde qualifiziert. Würzburg hat bei einem eigenen Sieg und bei einem Remis die Nase vorn. Dass die SG Leutershausen Platz zwei verteidigen kann, ist nicht von Bedeutung: Der Traditionsverein hat keinen Lizenzantrag für die zweite Bundesliga qualifiziert, ist deshalb nicht startberechtigt – in diesem Fall würde der Drittplatzierte nachrücken. Nebenbei geht es im Duell zwischen dem HCOB und den Wölfen auch ums Ticket für den DHB-Pokal der kommenden Saison.
Die Aufstiegsrunde:
Qualifiziert sich der HCOB für die Aufstiegsrunde, geht es bereits am darauffolgenden Donnerstag gegen den TuS Ferndorf, den Staffelsieger im Süd-Westen. Anwurf wäre um 17 Uhr in der Gemeindehalle. Das Rückspiel im Siegerland ist für Sonntag, 2. Juni um 16.30 Uhr terminiert. Der Sieger dieses Spieles träfe an den beiden darauffolgenden Wochenenden entweder auf den TV Emsdetten, den HC Eintracht Hildesheim oder den MTV Braunschweig.
Nach dem Abpfiff:
Weil das Spiel gegen Würzburg das letzte planmäßig sichere Heimspiel ist, werden nach der Begegnung die Abgänge verabschiedet – auch wenn durchaus die Möglichkeit auf Heimspiele in der Aufstiegsrunde besteht. Lukasz Orlich wird den HCOB nach einem Jahr verlassen, der Sportler aus Polen absolvierte 26 Spiele im grünen Trikot und erzielte dabei 44 Tore. Torwart Jürgen Müller, 2020 von der SG BBM Bietigheim gekommen, beendet seine bemerkenswerte sportliche Laufbahn. Er hat bisher 89 Spiele gemacht, dabei 64 Siebenmeter vereitelt und 3915 Einsatzminuten gesammelt. Für Philipp Maurer stehen 277 Spiele und 746 Tore zu Buche, er ist schon ein Top-Ten-Torschütze der Vereinsgeschichte. Florian Frank (derzeit 288 Spiele) hat dieser zuletzt auch geschafft, er warf in Erlangen sein 644. Tor und schloss damit zu Jens Demel auf. Mit einem weiteren Treffer könnte er den Rückraumspieler überholen. Auch Trainer Daniel Brack wird im Anschluss an die Begegnung verabschiedet.
Das Abschiedsspiel:
Weil Florian Frank und Philipp Maurer mit einer 13- und 11-jährigen Zugehörigkeit zur ersten Mannschaft einen besonders großen Status im Verein haben, wird ihnen zu Ehren ein Abschiedsspiel organisiert. Es findet am Samstag, 20. Juli 2024 bei den Sporttagen auf der Sportanlage im Rohrbachtal statt und es werden zahlreiche Weggefährten der beiden erwartet.
Erfahrene Schiedsrichter:
Der DHB hat Frank Kraaz (Deizisau) und Stefan Plinz (Waldkirch) nominiert. Die beiden pfeifen seit 17 Jahren in der dritthöchsten Spielklasse, zunächst in der Regionalliga und seit 2010 in der Dritten Liga. Für Frank Kraaz steht in Oppenweiler der 391. Einsatz auf DHB-Ebene an, für Stefan Plinz der 290. Für die beiden ist es ein Abschiedsspiel, sie werden ihre hochklassige Schiedsrichterlaufbahn beenden – dem Sport aber verbunden bleiben. Frank Kraaz bringt sich künftig als Technischer Delegierter ein, Stefan Plinz wird mit seinem früheren Teampartner Thorsten Meike Spiele im südbadischen Raum leiten.
Live im Fernsehen:
Die Begegnung wird live auf Sportdeutschland.TV übertragen. Marc Brosi und Sebastian Forch kommentieren.