Jana Spegel: In nur vier Jahren von der Schul-AG zu den Paralympics

Jana Spegel begann erst im Jahr 2020 mit dem Rollstuhl-Tischtennis. Vier Jahre später ging sie bereits bei den Paralympischen Spielen in Paris an den Start. Die 21-Jährige gehörte zur neunköpfigen deutschen Para-Tischtennis-Auswahl und startete dort in den zusammengelegten Wettkampfklassen (WK) 1 und 2 in der Einzel-, Doppel- und Mixed-Konkurrenz. Durch eine neuromuskuläre Erkrankung sitzt die junge Stuttgarterin im Rollstuhl – eine Einschränkung, die sie nie aufgehalten hat, fand sie doch nur deshalb zu ihrer Leidenschaft Tischtennis. Und das mit großem Erfolg: Nach WM-Bronze 2022 und EM-Silber 2023 griff Jana Spegel nun bei den Paralympics in Paris nach den Medaillen. Wir haben uns vor dem Beginn der Spiele mit der Studentin unterhalten.

Autor:Lara Auchter

24. September 2024

Jana, du spielst erst seit vier Jahren Rollstuhl-Tischtennis, bist nun aber mit der Teilnahme an den Paralympischen Spielen schon ganz oben angekommen. In den Medien wirst du als Ausnahmetalent betitelt. Ist das wirklich alles, was dahintersteckt?

Jana Spegel: Nein, natürlich nicht. Es steckt viel Arbeit und ein sehr gutes Umfeld dahinter. Ich hatte viel Unterstützung von der Schule und konnte gut neben dem Abitur trainieren. Auch die Uni kann ich sehr gut mit Leistungssport verbinden und dadurch viel Zeit und Training in meinen Sport investieren. Ob ich ein Natur- oder sogar Ausnahmetalent bin, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass ich viel Arbeit hineingesteckt habe, um heute dort zu sein, wo ich bin.

 

Wie schaut bei einem solchen Arbeitsaufwand die Trainingswoche einer paralympischen Athletin aus?

Jana Spegel: Seit ich mein Abitur habe, ist es mit dem Trainingsaufwand nochmal mehr geworden. Ich wohne in Stuttgart, trainiere aber hauptsächlich in Böblingen, da ich dort einfach die besten Bedingungen habe. Letztendlich habe ich aber jeden Tag Training – vor den Spielen sogar teilweise zwei Einheiten am Tag. Es ist ein hoher Aufwand, auch mit dem Pendeln, aber er lohnt sich definitiv und ich mache das gerne.

 

Du hast in deiner Jugend auch andere Sportarten betrieben – mit und ohne Rollstuhl. Wie kam es zum Tischtennis?

Jana Spegel: Ich habe früher Handball gespielt, konnte das durch meine Muskelerkrankung dann aber nicht mehr. Parallel war ich beim Rollstuhl-Basketball aktiv. Über eine Schul-AG habe ich dann mal Tischtennis ausprobiert und es hat mir gefallen. Zuerst war ich im Schulverein und bin letztes Jahr dann nach Frickenhausen gewechselt, wo ich jetzt in der zweiten Rollstuhl-Bundesliga spiele.

Von der Schul-AG zu den Paralympics. Ein ziemlich großer Sprung in nur wenigen Jahren …

Jana Spegel: Wenn man das so sagt, dann irgendwie schon. Aber ich denke, man darf nicht nur auf das große Ganze blicken, sondern muss auch die kleinen Schritte anschauen. Ich habe mich stetig verbessert und immer den nächsten Schritt gemacht. 2021 gewann ich Silber bei den Deutschen Jugendmeisterschaften und kam direkt danach in das Nationalteam. Dort habe ich dann meine ersten internationalen Turniere gespielt und mich durch gute Leistungen auf Anhieb für die WM qualifiziert, wo ich auch eine Medaille gewinnen konnte. Das ging dann immer weiter voran, auch durch meinen zweiten Platz bei der vergangenen EM. Und jetzt sind die Paralympics eigentlich der logische nächste Schritt.

 

Jana Spegel bei der Stuttgarter Sportlerehrung mit Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper (rechts) und Bürgermeister Dr. Clemens Maier.

Foto: KD Busch/Stadt Stuttgart

Du hast dich für Paris über die Weltrangliste qualifiziert, was deine konstant guten Leistungen auf internationaler Bühne nochmal unterstreicht. Waren die Paralympics in diesem Jahr schon ein Ziel? Hat sich dadurch dein Traum erfüllt?

Jana Spegel: Natürlich hat sich dadurch mein Traum erfüllt. Die Paralympischen Spiele sind für uns Athleten das Größte, was man erreichen kann. Es war auch in gewisser Weise ein Ziel, ich hatte aber eher mit Los Angeles 2028 geplant. Als ich am Anfang dieses Jahres sah, wie viele Punkte ich brauche, um mich gut zu platzieren, war mir klar, dass es möglich ist. Dass es aber in diesem Jahr tatsächlich klappt, damit habe ich nicht gerechnet. Es macht mich aber unglaublich stolz und ich freue mich umso mehr.

 

Deine Teilnahme stand eigentlich im April schon fest. Im Sommer wurdest du aber neu klassifiziert, wodurch deine Nominierung auf der Kippe stand. Was ist genau passiert?

Jana Spegel: Ich wurde vor den Paralympics umklassifiziert, da sich Behinderungen auch verändern können. Bei mir wurde dann festgestellt, dass ich in den Armen und im Rumpf eine geringere Einschränkung habe als ursprünglich gedacht. Für einen kurzen Zeitpunkt stand deshalb eine Neu-Qualifikation im Raum, das wurde dann aber relativ schnell verworfen und ich hatte meine Teilnahme doch sicher.

Ändert sich für dich jetzt etwas durch die Neu-Klassifizierung?

Jana Spegel: Ja, ich bin nun in einer anderen Klasse und werde in Zukunft gegen stärkere Gegner antreten. In Paris macht das noch keinen Unterschied, da beide Klassen zusammen antreten und die Setzung nach Weltranglistenpunkten stattfindet. Ich habe mich aber durch die Umklassifizierung in der Weltrangliste verschlechtert – dort bin ich von Position drei auf neun abgestürzt. Was die langfristigen Auswirkungen sind, kann ich noch nicht abschätzen.

 

Was erwartest du dir von Paris?

Jana Spegel: Ich habe nicht wirklich ein Ziel, das ich mir vorgenommen habe. Ich möchte die Atmosphäre aufsaugen, Erfahrungen sammeln und meine beste Leistung zeigen. Bei dem Ergebnis lasse ich mich überraschen und gehe ohne Druck in das Turnier. Ich freue mich richtig darauf und bin sehr gespannt auf die Stadt und das Drumherum neben dem Wettkampf. Es sind meine ersten Spiele und ich hoffe, es wird ein besonderes Erlebnis sein.