Kerstin Laib: Streetboard-Weltmeisterin mit 42 Jahren

Kerstin Laib ist 42 Jahre alt und von Beruf Sportlehrerin und Mentalcoach. Die Stuttgarterin ist aber auch dreifache Streetboard-Weltmeisterin und konnte 2023, exakt 20 Jahre nach ihren ersten beiden Titeln im Jahr 2002 und 2003, bei der 27. Streetboard-WM in Eindhoven ihren dritten Weltmeistertitel einfahren.

Ihr fragt euch jetzt bestimmt: Was bitte ist denn Streetboard? Wenn es euch auch so geht wie uns zu Beginn, dann lasst uns mit einer ihrer größten Sportlerinnen eintauchen in die wilde Welt des Streetboardings.

 

Autor:Lara Auchter

13. Dezember 2023

Die Geschichte des Streetboardings reicht zurück in die späten 1980er Jahre, als Skateboarding und Snowboarding bereits etablierte Sportarten waren. Streetboarding ist eine Abweichung des traditionellen Skateboardens und hat seine Wurzeln eher beim Surfen und Snowboarden. Der Ursprung des Streetboardings ist eng mit dem Snakeboard verbunden, einem speziellen Skateboard, das in der Mitte Gelenke hat und somit eine Schlange (englisch: „snake“) nachahmt. Das Snakeboard, das oft als Vorläufer des modernen Streetboards betrachtet wird, wurde 1989 in Südafrika erfunden.

Das Snakeboard unterschied sich grundlegend von herkömmlichen Skateboards durch seine Gelenkkonstruktion, die es dem Fahrer ermöglichte, das Board in verschiedene Richtungen zu bewegen. Diese innovative Technologie ließ Drehungen und Tricks zu, die zuvor auf Skateboards nicht möglich waren. Die Bewegungen auf dem Snakeboard ähnelten eher dem Snowboarden als dem Skateboarden und eröffneten somit eine neue Dimension des urbanen Sports.

In den frühen 1990er Jahren gewann das Snakeboarding an Popularität, insbesondere in Großbritannien und den USA. Die Faszination für dieses neue Fortbewegungsmittel führte zur Gründung von Unternehmen, die sich auf die Produktion von Snakeboards spezialisierten. Diese Boards wurden schnell weiterentwickelt, und es entstanden verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Designs und Funktionen.

Mit der Zeit entwickelte sich das Snakeboarding weiter zu dem, was heute als Streetboarding bekannt ist. Streetboards sind in der Regel leichter und wendiger als ihre Vorgänger, und die Techniken des Streetboardings haben sich zu einer eigenen Disziplin innerhalb der Skateboard-Kultur entwickelt. Streetboarder nutzen städtische Umgebungen als ihre Spielwiese und führen beeindruckende Tricks und Stunts auf Treppen, Geländern und anderen urbanen Strukturen durch.

Die Streetboard World Championships wurden 2023 schon zum 27. Mal ausgetragen – für die Männer. Weltmeisterschaften für Frauen fanden in den Jahren 2002 und 2003 zum ersten und auch, bis 2023, zum letzten Mal statt. „Der Sport war natürlich immer noch ziemlich unbekannt und in der Frauenkonkurrenz waren keine zehn Mädels am Start. Ich konnte mich zwar gegen meine Mitstreiterinnen durchsetzen, aber es war klar, dass bei einer solch kleinen Interessensgruppe die Frauen-WM keine Zukunft hat“, weiß Kerstin Laib.

Und so kam es auch – der Sport blieb bestehen, hat sich stetig weiterentwickelt und wurde immer populärer. Die Nachfrage der Mädels blieb aber aus, weshalb 20 Jahre lang keine Streetboard Weltmeisterschaften für Frauen mehr stattfanden.

Auch Kerstin Laib fuhr in den folgenden Jahren immer weniger mit dem Streetboard und konzentrierte sich auf ihren Beruf als Sportlehrerin und Mentalcoach. In den letzten Jahren wuchs die Streetboard Community der Frauen allerdings wieder an, auch durch den Einfluss von Social Media, und es ließen sich immer mehr Mädels und Frauen für diese doch nicht ganz einfache Sportart begeistern.

So fand im Sommer 2023, erstmals nach 20 Jahren, in Eindhoven in den Niederlanden wieder eine Streetboard-WM für Frauen statt – mit der bislang einzigen Weltmeisterin Kerstin Laib als Vorreiterin: „Anfang des Jahres bekam ich einen Anruf von Sergi Nicolas, mehrfacher Weltmeister und Organisator der WM, der mich fragte ob ich denn Lust hätte, mich nochmal der ganzen Sache zu stellen, als Vorreiterin die Frauen-Community mit ins Boot zu holen und bei den Weltmeisterschaften anzutreten“, erzählt die 42-Jährige.

Der Ehrgeiz der Stuttgarterin war dadurch wieder geweckt worden. „Ich hatte jetzt eine Mission und verbrachte deshalb die meiste Zeit meiner Sommerferien auf den Skateplätzen. Dort übte ich fleißig meine alten und neuen Tricks. Hinfallen und immer wieder aufstehen, das war mein tägliches Mantra. Aber es hat sich jede Mühe und Schramme gelohnt, denn ich konnte tatsächlich in den beiden Disziplinen Bowl und Street meinen Titel verteidigen. Und yeah – ich darf mich nochmals Streetboard Weltmeisterin 2023 nennen“, strahlt Kerstin Laib.