Markus Gaugisch – Doppelrolle als Vereins- + Bundestrainer
Autor:Lara Auchter
Die Doppelfunktion als Vereinstrainer und Bundestrainer hört sich ziemlich stressig an. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?
Markus Gaugisch: Natürlich ist das ein 24-Stunden-Job. Mein Tag ist voll durchgetaktet und der Terminkalender immer voll. Für mich haben in dieser Saison die beiden Trainerjobs auch ganz klar Priorität und alles andere muss sich dahinter anstellen, ob Urlaub, Gesundheit oder auch die Familie. Zum Glück ist meine Familie sehr verständnisvoll und auch mein Freundeskreis steht komplett hinter mir. Letztendlich macht mir mein Job auch Spaß, so ist es natürlich auch einfacher.
Bist du inzwischen, nach dem Ausscheiden aus der Champions League, so weit, dass du auch mal ein bisschen Freizeit hast oder steht immer noch komplett der Handball im Fokus?
Markus Gaugisch: Nein, der Fokus liegt weiterhin komplett auf dem Handball. Ich bin auch so im Rhythmus, dass ich nach der Reihe abarbeite was gerade ansteht, ob für den Deutschen Handball-Bund oder die SG BBM Bietigheim.
Wie sieht ein normaler Tag im Leben des Trainers Markus Gaugisch aus?
Markus Gaugisch: Ich stehe um 6.15 Uhr auf, trinke schnell einen Kaffee, lese die Zeitung und sehe kurz meine Familie. Dann schalte ich den Rechner an und es geht los – Taktikanalysen, Trainingsplanung, Teambesprechungen, Videocalls. Wenn ein Training ansteht, fahre ich in die Halle und verbringe dann dort meinen restlichen Tag, bis teilweise spät abends. Aber ich habe zwei sehr privilegierte Ämter und einen Beruf, der mir Spaß macht. Hier jetzt über die Belastung oder die vielen Arbeitsstunden zu jammern, wäre falsch.
Kommt deine Familie zu solchen Events wie z.B. dem Länderspiel gegen Ungarn Anfang März in der MHPArena in Ludwigsburg dazu?
Markus Gaugisch: Wenn es die regionale Nähe ermöglicht, ist meine Familie eigentlich immer dabei. Sie sind auch alle sehr handballbegeistert und meine Kinder spielen selbst, deswegen ist es für alle gleichzeitig ein cooles Event.
Sprich, du bist außer in Bietigheim und bei der Nationalmannschaft auch noch Trainer deiner Kinder?
Markus Gaugisch: Ich bin eher das Taxi (lacht). Mein Sohn ist 14 und meine Tochter 17. Die beiden spielen in Balingen bzw. Metzingen leistungsorientierten Handball, und da sind die Trainings eben nicht im direkten Einzugsgebiet unseres Wohnorts Mössingen. Aber dann nehme ich eben den Laptop mit und analysiere im Auto oder in der Halle die Videos, solange die Kids trainieren. Das mobile Arbeiten wird bei mir wörtlich genommen (lacht).
Du siehst deine Nationalspielerinnen nur sporadisch, deine Bietigheimer Mädels aber täglich. Wie gehst du bei den Nominierungen vor? Tendierst du deshalb eher zu den Spielerinnen aus dem Verein?
Markus Gaugisch: Nein. Ein Vorteil dieser Doppelrolle ist, dass ich durch meine tägliche Arbeit in der Bundesliga sehr nah an allen Spielerinnen dran bin. Nicht nur an den Bietigheimerinnen, sondern auch an den anderen, denn wir spielen ja zweimal pro Saison gegen jedes Team. Ich schaue mir im Vorfeld auch immer drei bis vier Spiele des Gegners an und analysiere dort die Spielerinnen. Und so sehe ich in der Analyse schon viel von den Nationalspielerinnen. Auch stehen wir natürlich im stetigen persönlichen Austausch.
Wie schwer ist es, im Nationalteam ein Spielsystem zu implementieren, wenn es über das Jahr hinweg nur eine handvoll DHB-Lehrgänge und Spiele gibt?
Markus Gaugisch: Das ist eine der Herausforderungen an dem Job. Ich setze bei jedem Lehrgang einen anderen Schwerpunkt, an dem wir während der Trainingswoche arbeiten. Im abschließenden Spiel setzen wir diesen dann um. Nach gut einem Jahr klappt dies jetzt so gut, dass die Spielerinnen auch die Bausteine der vorangegangenen Lehrgänge in den Spielen automatisch abrufen, ohne dass wir zuvor nochmal darauf eingehen mussten. Es entwickeln sich Automatismen, die der Mannschaft eine gewisse Handschrift verleihen.
Was ist das Ziel, das du mit dem Nationalteam erreichen möchtest?
Markus Gaugisch: Definitiv die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Ich denke, das ist der Traum eines jeden Sportlers. Des Weiteren ist für mich persönlich die Umsetzung unserer Schwerpunkte und Ideen ein weiterer Gradmesser für Erfolg. Wenn wir alles umsetzen, was wir uns spielerisch vorgenommen haben, bin ich zufrieden – unabhängig vom Ergebnis.
Du hast nach deiner aktiven Karriere als Spieler bzw. nach deinen ersten Trainerstationen in Neuhausen und Balingen-Weilstetten ein paar Jahre als Lehrer gearbeitet. Wie kam es, dass du dann doch wieder in das aktive Handballgeschäft eingestiegen bist?
Markus Gaugisch: Ich war als Spieler immer nur in Süddeutschland unterwegs und habe glaube ich jedes Derby zwischen Balingen, Neuhausen, Göppingen und Pfullingen schon auf beiden Seiten bestritten (lacht). Nach meiner Karriere habe ich dann fünf Jahre als Sport- und Deutschlehrer an einer Schule gearbeitet und hatte auch nicht mehr das Bedürfnis einen anderen Job zu machen. Nebenbei habe ich aber dennoch viel im Jugendbereich trainiert und war deshalb nie ganz vom Handball weg. Dann kam das Gespräch mit Bietigheim und ich bekam sofort Lust, das Projekt in Angriff zu nehmen. Dieses Gefühl hatte ich zuvor noch nie. Letztendlich hat sich das auch als der richtige Schritt herausgestellt.
Schauen wir abschließend noch auf die aktuelle Saison der SG BBM Bietigheim. Wie bewertest du diese bis jetzt?
Markus Gaugisch: In der Bundesliga und im Pokal haben wir natürlich die Favoritenrolle angenommen. Da gibt es auch keine Diskussion – wenn wir dort nicht beide Titel gewinnen, sind wir enttäuscht. Die Champions League muss man getrennt davon betrachten. Wir hatten eine extrem anspruchsvolle Gruppe und in wichtigen Phasen ein paar Verletzungen. Die Art und Weise, wie es am Ende der Gruppenphase zum Ausscheiden kam, war dann ziemlich brutal für uns. Wir waren punktgleich mit zwei weiteren Teams, hatten aber mit großem Abstand das beste Torverhältnis. Dieses hat aber nicht gezählt, da eine Dreier-Tabelle aus den punktgleichen Mannschaften gebildet wurde. Und dadurch, dass wir die direkten Duelle jeweils verloren hatten, sind wir letztlich ausgeschieden. Mit 12 Punkten und einem solch guten Torverhältnis passiert das eigentlich nie. Das war einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände. Letztendlich schaut aber jeder nur auf das Ergebnis und dort steht halt nun: In der Gruppenphase ausgeschieden. Natürlich ist das enttäuschend, weil wir uns mehr vorgenommen hatten. Aber wir haben das abgehakt und jetzt liegt der volle Fokus auf der Liga und dem Final-Four-Turnier im DHB-Pokal Anfang April in der Porsche-Arena.