Randsportradar: Gorodki

Mit einem langen Stab auf Holzklötze zu werfen soll eine professionelle Sportart sein? Ja!

Noch nie etwas von Gorodki gehört? In unserer Rubrik „Randsportradar“ präsentieren Dani und Olli vom Podcast „Beyond Sports“ dieses alte, osteuropäische Wurfspiel, das aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt. Sie sprachen mit dem Vorsitzenden des Deutschen Gorodki Verbands, Andreas Lebedev, über die lange Geschichte der Sportart, die genaue Spielweise und den Unterschied zum Freizeitspiel Wikingerschach.

Text: BEYOND SPORTS

Autor:Lara Auchter

25. März 2024
Dani und Olli von BEYOND SPORTS
„Gorodki kann man wörtlich übersetzen mit Städtchen“, beginnt Andreas Lebedev im Podcast. Denn bevor näher auf die Sportart eingegangen werden kann, sollte erstmal die richtige Aussprache sitzen und geklärt werden, woher der Name der Sportart eigentlich kommt. „Gorod bedeutet Stadt auf Russisch und Gorodki ist quasi die Verniedlichung“, führt Andreas weiter aus. Die Sportart ist bereits mehrere Jahrhunderte alt und stammt aus Osteuropa. Seit dem Jahr 1923 ist Gorodki offiziell als Sportart in Russland anerkannt, somit wurde letztes Jahr auch das 100-jährige Bestehen gefeiert. In Deutschland wurde dieser Sport erst kurz nach der Jahrtausendwende bekannt und verharrt seither relativ unbemerkt unter dem Sportradar. Insgesamt nehmen nur etwa 50 Spielerinnen und Spieler regelmäßig an Wettkämpfen teil.

Aber worum geht es überhaupt bei Gorodki? Der Grundgedanke des Spiels ist es, fünf Holzklötzchen, die zu bestimmten Figuren aufgebaut werden, mit einem Wurfstock aus einer bestimmten Entfernung von ihrem Platz aus dem abgegrenzten Spielfeld mit so wenig Versuchen wie möglich zu schlagen. „Es gibt 15 Figuren, die gespielt werden. Man beginnt bei der ersten und versucht, diese mit einem Wurf abzuräumen, sodass alle fünf Holzklötzchen aus dem Spielfeld geworfen werden. Dann hat man 20 Würfe Zeit, um so viele Figuren wie möglich abzuräumen. Wenn ein Holzklotz das Spielfeld verlässt, gibt es einen Punkt. Erst wenn die Figur komplett abgeräumt wurde, darf die nächste aufgebaut werden“, erklärt Andreas Lebedev. Nach den 20 Würfen beginnt die zweite Runde von hinten bei der 15. Figur und man versucht sich so weit wie möglich vorzuarbeiten. Insgesamt hat ein Spieler also 40 Würfe.

Einigen Lesern wird jetzt sicher auffallen, dass dieses Spiel so ähnlich wie das bekanntere Freizeitspiel Wikingerschach aufgebaut ist. Auch Andreas wird oft darauf angesprochen: „Die Leute, die Wikingerschach kennen, vergleichen es meistens mit Gorodki. Ein großer Unterschied ist aber, dass Gorodki nicht so portabel ist wie Wikingerschach. Man kann es nicht einfach im Rucksack mitnehmen und irgendwo aufbauen.“ Für das Spiel wird aktuell noch immer eine professionelle Gorodkianlage benötigt. Langfristig besteht jedoch das Ziel, portable Gorodkisets zu entwickeln, um damit auch auf Sand oder auf Wiesen spielen zu können. So soll der Sport als Freizeitspiel noch mehr in die Gesellschaft getragen werden.

Die Gorodki-Anlage bei der SpVgg Oberndorf am Neckar. Foto: Andreas Lebedev
Das Erlernen von Gorodki gestaltet sich im Vergleich zu Wikingerschach allerdings anspruchsvoller, insbesondere aufgrund des vergleichsweise schweren Wurfstabes und der damit verbundenen Notwendigkeit einer präzisen Wurftechnik, erklärt der 24-Jährige und fügt an: „Man braucht auf jeden Fall Kraft, Koordination und Geschicklichkeit. Es hängt sehr viel von der Beinarbeit und dem richtigen Armschwung ab. Es gibt so viele kleine Dinge, auf die man während des Wurfablaufs achten muss. Wenn es auch nur ein bisschen falsch ausgeübt wird, landet der Stab mehrere Meter neben den Holzklötzchen. Es ist nicht so einfach, wie es aussieht.“ Daher zeigt Andreas den Anfängern zuerst auch nur Trockenübungen, um insbesondere die richtige Drehbewegung zu verinnerlichen. Anschließend kommt es darauf an, den Stab so zu werfen, dass er mit dem Griff kurz vor der Figur landet und anschließend über das Spielfeld gleitet. Auf diese Weise besteht die optimale Chance, alle Holzklötze erfolgreich zu entfernen.

Das zukünftige Ziel besteht darin, Gorodki weiter zu fördern und das Spiel verstärkt in die deutsche Sportlandschaft zu integrieren. Hierbei wird der Deutsche Gorodki Verband eine maßgebliche Rolle spielen, dessen Vorsitz Andreas innehat. „Es gab immer mehr Gorodki-Abteilungen, daher wurde beschlossen einen Verband zu gründen, der alle Sportler miteinander verbindet und eine Deutsche Meisterschaft veranstaltet“, erklärt er. Andreas hat neben der Weiterentwicklung des Sports aber auch noch ein persönliches Ziel: „Es gibt so eine magische Grenze im Gorodki, und das sind 100 Punkte. Das habe ich zwar schon einmal geschafft, aber ich würde gerne noch die 110 Punkte erreichen. Den deutschen Herren-Rekord von 144 Punkten zu brechen, wird aber vermutlich schwierig.“

Falls auch dein Interesse geweckt wurde und du Lust auf Gorodki bekommen hast, dann schau gerne einmal bei www.gorodki.de oder auf Instagram unter @tsb_gmuend_gorodki vorbei.

Mit dem nebenstehenden QR-Code geht es direkt zur Podcast-Folge mit Andreas Lebedev.