SG BBM Bietigheim Frauen – Der ganz große Wurf
Die Saison 2021/22 wird den SG BBM Bietigheim Frauen noch lange in Erinnerung bleiben. Erst gewann man im September 2021 den HBF-Supercup, dann marschierte das Team von Trainer Markus Gaugisch ungeschlagen durch die Handball-Bundesliga der Frauen, ehe Mitte Mai der ganz große Wurf folgte: Die SG BBM holte beim Final Four-Turnier im dänischen Viborg den Europapokal.
Autor:Ralf Scherlinzky
Foto: Marco Wolf
„Das war unglaublich! Ich habe keinen Tropfen Blut mehr gegeben“, lacht Pressesprecher Bastian Dörr, als er vom Halbfinal-Krimi gegen Herning-Ikast Handbold beim Europapokal Final Four-Turnier erzählt. „Wir hatten schon mit sieben Toren geführt, dann stand es kurz vor dem Ende 33:33. Unser Coach hat eine Auszeit genommen, als noch 20 Sekunden zu spielen waren. Und dann kommt Karolina Kudlacz-Gloc und erzielt mit der Schlusssirene den Siegtreffer.“
Schon diesen Sieg feierten die Bietigheimer Frauen ausgelassen. Was dann am Tag darauf folgte, stellte aber nochmal alles in den Schatten, was bislang dagewesen war. Mit einem deutlichen 31:20 gegen den gastgebenden Viborg HK – dem wettbewerbsübergreifend 50. gewonnenen Spiel in Folge – sorgte die SG BBM für den größten Erfolg der Vereinsgeschichte: den Gewinn des Europapokals. Es war gleichzeitig der erste Europapokal-Gewinn einer deutschen Mannschaft seit 30 Jahren.
„Klar haben die Mädels entsprechend Party gemacht. Aber sie sind alle Profis genug, dass sie schnell wieder vom Feiermodus umschalten konnten, um sich auf das Bundesliga-Finale gegen Metzingen vorzubereiten“, so Bastian Dörr.
Erst Supercup-Sieger, dann mit einer unglaublichen Dominanz Deutscher Meister und nun Europapokalsieger – hatte man diese Erfolge von Beginn an als Ziel ausgegeben? „So etwas kann man nicht planen. Wir hatten 2021 mit einer Wildcard für die Champions League geliebäugelt und hatten den Kader so zusammengestellt, dass wir dort relativ weit kommen können“, erklärt Sportdirektor Gerit Winnen. „Das hat dann zwar nicht geklappt, aber wir hatten natürlich eine Vorahnung, dass wir mit diesem Team viel erreichen können.“
Ein erstes Ausrufezeichen setzte die SG BBM im September, als man beim Supercup den in der Saison 2020/21 dominanten Meister Borussia Dortmund mit 31:21 aus dessen eigener Halle schoss. Schon dort wurde deutlich, dass sich das Trainingslager in Österreich ausgezahlt hatte. Gerit Winnen: „Im Trainingslager waren vor allem Teambuilding-Maßnahmen auf dem Plan gestanden, um die vielen Einzelspielerinnen zu einem Team zusammenzuschweißen. Als wir dann so dominant den Supercup geholt haben, haben wir geahnt, dass sich hier etwas Großes entwickeln könnte. Dass es am Ende so groß werden könnte, damit hatte zu diesem Zeitpunkt natürlich noch keiner gerechnet.“
Jetzt gilt es für das Team, die famose Leistung aus der gerade zuende gegangenen Spielzeit in der Saison 2022/23 zu bestätigen.Dort wird man zum fünften Mal in der Champions League dabei sein und möchte eine möglichst gute Visitenkarte abgeben. Auf die Frage, wo sich die SG BBM im Vergleich mit der europäischen Konkurrenz sieht, muss deren Sportdirektor kurz überlegen, ehe er diplomatisch sagt: „Die Trainerkollegen aus der Liga zählen uns zu den Top acht in Europa. Wir stapeln da lieber etwas tiefer, aber wir brauchen uns definitiv nicht zu verstecken.“
Wenn es im Sommer an die Vorbereitung für die neue Saison geht, stehen Coach Markus Gaugisch drei Spielerinnen nicht mehr zur Verfügung: Lieke van der Linden wechselt zum TSV Bayer Leverkusen, Stine Jørgensen geht zurück nach Dänemark und Luisa Schulze spielt künftig für den Lokalrivalen Sport-Union Neckarsulm. Auch für Markus Gaugisch neigt sich die Zeit in Bietigheim dem Ende zu. Der 48-Jährige, der seit April gleichzeitig auch noch Trainer der deutschen Nationalmannschaft ist, wird ab Sommer 2023 nur noch für den Deutschen Handballbund tätig sein.