Kurioses Ende einer Partie, einer ganzen Spielzeit für die SG BBM Bietigheim. Der Aufsteiger verabschiedet sich mit einem 35:35 (14:18)-Unentschieden gegen den Dessau-Roßlauer HV von seinen Fans und der 2. Liga.

Drei Sekunden vor dem Ende trifft Fabian Wiederstein vom Anwurf weg in das verwaiste Tor der „Biber“. Zuvor hatte Timo Löser für die Gäste mit dem siebten Feldspieler die 34:35-Führung erzwungen. Es war dem Spielverlauf nach tatsächlich ein Punktgewinn für den Tabellenzweiten, der für einen versöhnlichen Saisonabschluss vor 2397 Fans in der Bietigheimer EgeTrans Arena sorgte. Die große Sause zum Saisonabschluss – dritter Teil der Bietigheimer Aufstiegsfeierlichkeiten – war am Samstag der Witterung zum Opfer gefallen.

„Dessau hat heute mindestens diesen einen Punkt verdient“, stellte Iker Romero fest. Der SG BBM-Coach konnte natürlich nicht zufrieden sein mit dem, was seine Jungs zum Saisonfinale auf die Platte brachten, war aber alles andere als angekratzt. „Wir haben unser großes Saisonziel schließlich schon beim vorigen Heimspiel erreicht“, zeigte der Spanier Verständnis. „In der ersten Halbzeit hat uns die Konzentration gefehlt, das war in der 2. Halbzeit dann besser.“ Ins selbe Horn stößt auch sein Spielmacher Juan de la Peña: „Die Luft war schon etwas raus heute. Wir haben monatelang in jedem Spiel unter so viel Druck gespielt. Jetzt war in den letzten beiden Spielen plötzlich alles anders.“

Für Dessau-Roßlau immerhin war am finalen Spieltag noch der Sprung auf Rang 10 drin, der für die Teilnahme am DHB-Pokal qualifiziert. Den Startplatz sicherte sich am Ende Nordhorn-Lingen, die Biber landen in der Endabrechnung auf Rang 13.

Bietigheims Abwehrsystem erfordert viel Konzentration, und die fehlte in letzter Konsequenz am Samstag. Das nutzte besonders Timo Löser aus. Der mit Abstand der erfolgreichste Feldtorschütze der Liga guckte sich ein ums andere Mal die Defensive und Torsteher Fredrik Genz aus und erhöhte sein Torekonto noch einmal um 14 Treffer. Weil auch die Abschlussqualität der Bietigheimer Werfer im ersten Abschnitt zu wünschen übrigließ, führte Dessau-Roßlau zum Seitenwechsel verdient mit 14:18 Toren. Janik Patzwaldt im Tor der Sachsen-Anhaltiner sammelte bis dahin neun seiner insgesamt 17 Paraden im Spiel.

Pech nur für Dessau-Roßlau, dass das Team von Uwe Jungandreas mit „kleiner Kapelle“ nach Bietigheim reisen musste und nur zehn Feldspieler zur Verfügung hatte. So fehlte beispielsweise Jakub Hrstka, für ihn rochierte Vincent Bülow von der Spielmacherrolle auf die linke Außenbahn.

Im zweiten Abschnitt schien sich die dünne Personaldecke der Gäste bemerkbar zu machen. Bietigheim war aufgewacht und kämpfte um einen guten Saisonabschluss. Stellvertretend dafür steht Alexander Velz. Vor der Pause produzierte der Spielmacher nur „Fahrkarten“, im zweiten Abschnitt traf er achtmal. Ein Doppelschlag von Velz zum 21:21 egalisiert in der 39. Minute das Spiel. Wenig später trifft erneut Velz zum 23:22 – es sollte jedoch die einzige Führung der Gastgeber im zweiten Abschnitt bleiben. Mit einem 4:0-Lauf hatte Dessau-Roßlau vor der Crunchtime mit 23:26 wieder die Nase vorn. Die Tore von Max Öhler und Tom Wolf bringen den späten 32:33-Anschluss, Jonathan Fischer kann schließlich 30 Sekunden vor dem Ende zum 34:34 ausgleichen. Dessau-Roßlau war näher dran am doppelten Punktgewinn.

Im Zentrum der folgenden Verabschiedungen stand selbstverständlich Christian Schäfer. Am Samstag lieferte der 35-Jährige wie gewohnt, steuerte noch einmal sechs Tore bei. Nur ein vergebener Siebenmeter verhinderte im letzten Spiel seiner Karriere eine perfekte Bilanz. Seit 2007 bei der SG BBM, war der Rechtsaußen bei allen drei Erstliga-Aufstiegen dabei, erzielte über 2500 Tore in über 550 Pflichtspielen, war stets Top-Torjäger der SG BBM und in den Spielzeiten 2015/16 und 2020/21 auch erfolgreichster Werfer der 2. HBL. Da hinterlässt einer nach seinem Karriereende ganz schön große Fußstapfen im Bietigheimer Handball.

Bericht: Bernhard Gaus