Victoria Pohle – Deutsche Jugendmeisterin im Doppel

2023 war ein erfolgreiches Jahr für Victoria Pohle. Das Tennistalent des TEC Waldau Stuttgart wurde Deutsche Jugendmeisterin im Doppel und stürmte auch bei der Deutschen Meisterschaft der Erwachsenen im Einzel durch einen sensationellen Lauf ins Viertelfinale. Die Stuttgarterin steht seit letztem Jahr im Nationalkader des Deutschen Tennis-Bundes und reist regelmäßig zu Turnieren durch ganz Deutschland und Europa. Wir haben uns mit der 16-Jährigen getroffen und über ihre jüngsten Erfolge, das Leben zwischen Schule und Sport, ihre Ziele sowie ihre großen Vorbilder im Tennissport gesprochen.

Autor:Lara Auchter

26. Juni 2024

Foto: Hessischer Tennis-Verband

Vicky, letztes Jahr war ein Top-Jahr für dich und du warst bei den Deutschen Meisterschaften ziemlich erfolgreich. Wie hat es bei dir eigentlich mit dem Tennis angefangen?

Victoria Pohle: Durch meine Mama. Seit ich mich erinnern kann, war ich immer auf dem Tennisplatz dabei, wenn meine Mama Training gegeben hat. Ich bin auf dem Tennisplatz aufgewachsen und wurde von den Leuten dort mit großgezogen. Nachdem ich laufen konnte, hatte ich dann irgendwie auch immer einen Tennisschläger in der Hand. Mit drei Jahren habe ich mit meiner Mama zum ersten Mal über das kleine Netz gespielt. Als es dann in die Grundschule ging, hat es mir immer mehr Spaß gemacht und ich habe damals entschieden, dass ich den Sport weitermachen will. Seitdem bekomme ich ihn nicht mehr los (lacht).

Gab es einen Zeitpunkt, an dem du und auch dein Umfeld gemerkt haben, dass du eventuell etwas besser bist als andere?

Victoria Pohle: Das kam eher so nach und nach. Durch meine Mama hatte ich auch immer jemanden, der mir alles gezeigt und mich stark gefördert hat, sodass ich vielleicht schon früher als andere nicht mehr nur hobbymäßig gespielt habe. Inzwischen trainiere ich zweimal am Tag – da steckt schon auch harte Arbeit dahinter und nicht nur Talent.

Wie sieht bei dir eine normale Woche aus? Mit dem Training und der Schule ist so eine Woche ja bestimmt ziemlich gefüllt, oder?

Victoria Pohle: Ja, auf jeden Fall. Ich trainiere unter der Woche hauptsächlich in Stammheim am Stützpunkt des Württembergischen Tennisverbandes bei meinen Trainern Chris Singer-Bath und Torsten Popp, da ich dort auch im Kader bin. Einmal pro Woche bin ich auch beim TEC Waldau und trainiere dort bei Danijel Krajnovic. Am Wochenende sind dann nationale Turniere, und wenn internationale Turniere stattfinden, bin ich auch über die Woche mal weg. Man braucht schon viel Disziplin und gutes Zeitmanagement, um alles geregelt zu bekommen, gerade weil ich eben noch zur Schule gehe. Aber bei mir funktioniert es ganz gut.

 

Du bist auf der Johann-Friedrich-von-Cotta- Schule, die schon viele Leistungssportler im Raum Stuttgart besucht haben. Wie läuft es dort?

Victoria Pohle: Es gibt dort verschiedene Schularten. Ich besuche das Berufskolleg Sport, das auf drei Jahre gestreckt wird und dafür ausgelegt ist, dass wir unseren Sport während der Schulzeit so gut es geht betreiben können. Zweimal in der Woche habe ich später Schule, sodass ich morgens schon trainieren kann. Sonst haben wir meistens um 13 Uhr aus und können dann direkt am Nachmittag trainieren, ohne noch Mittagsschule zu haben. Ich bin mega glücklich dort. Es gibt eigentlich nie Probleme, wenn man eine Schulbefreiung für ein Turnier braucht, und es ist einfach, den Schulstoff nachzuholen oder online zu arbeiten.

 

Kommen wir mal zurück zum Tennis. Im letzten Jahr hast du bei den Deutschen Juniorenmeisterschaften jeweils mit deiner Partnerin Lola Giza vom SV Dresden-Mitte den Titel im Doppel geholt, einmal im Sommer im Freien sowie im Winter in der Halle…

Victoria Pohle: Ja genau. Wir haben letztes Jahr zum ersten Mal zusammen gespielt und waren im Sommer bei der DM in Ludwigshafen direkt so erfolgreich, dass wir während der Hallensaison weiter gemeinsam gespielt und in Essen dann auch den Titel in der Halle gewonnen haben. 2023 war wirklich ein tolles Jahr.

 

Auch weil du zum zweiten Mal im Einzel bei den Deutschen Meisterschaften der Erwachsenen teilgenommen hast und bis ins Viertelfinale gekommen bist. Wie gehst du in solch ein Turnier rein?

Victoria Pohle: Es ist richtig cool, gegen die besten Spielerinnen Deutschlands spielen zu dürfen. Ich gehe mit der Einstellung rein, so viel mitzunehmen, zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, wie nur möglich. Auch ging es mir bei den letzten beiden Meisterschaften darum, festzustellen, wie weit ich noch von den Besten weg bin und wo ich mich verbessern muss. Ein kleines Ziel war, mindestens eine Runde zu gewinnen, was ich sogar vorletztes Jahr schon geschafft hatte.

Wie weit entfernt bist du dann noch von der Spitze?

Victoria Pohle: Vom Spielerischen bin ich eigentlich ziemlich nahe dran, jedoch fehlt mir im Gesamten noch ziemlich viel. Allen voran die Erfahrung. Die brauche ich einfach noch, um taktisch besser zu werden, Spielsituationen besser lesen zu können oder schneller Spielentscheidungen treffen zu können. Das ist aber normal in meinem Alter und kommt mit der Spielpraxis. Dieses Jahr nehme ich mir vor, von allem etwas ein bisschen besser umzusetzen und auch eine gewisse Konstanz in mein Spiel zu bekommen.

 

Neben deinen vielen Turnieren spielst du auch für deinen Heimatverein TEC Waldau in der Damen-Bundesliga, sowie inzwischen auch für den TC Dornbirn in der österreichischen 2. Liga. Nutzt du diese Spiele, um gerade die Erfahrung zu sammeln, die dir noch für die Spitze fehlt?

Victoria Pohle: Ja genau. Ich wurde von einer Freundin aus Österreich gefragt, ob ich für Dornbirn spielen möchte, und das ist eine super Gelegenheit. Wenn ich Zeit habe, mache ich das gerne. Für den TEC Waldau hatte ich letztes Jahr schon einen Einsatz gehabt, das war echt eine coole Erfahrung, da ich dort auch nur gegen Erwachsene spiele.

 

Was sind die Ziele, die du in deiner Karriere, aber auch in diesem Jahr noch erreichen möchtest?

Victoria Pohle: Ich möchte auf jeden Fall mal bei allen vier Grand Slams spielen. Ein Traum wäre, es in die Top 20 der WTA-Weltrangliste zu schaffen, bis dahin ist es aber noch ein sehr langer Weg. Dieses Jahr möchte ich in die Top 100 der Juniorenweltrangliste kommen und nächstes Jahr die Junioren-Grand Slams in Angriff nehmen, angefangen mit Australien.

Vicky Pohle mit dem 22-fachen Grand Slam-Champion Rafael Nadal während eines Trainingslagers in der Rafa Nadal Academy auf Mallorca. Foto: privat

Hast du bestimmte Vorbilder im Tennis?

Victoria Pohle: Da habe ich viele. Zuerst natürlich Iga Swiatek, die Nummer eins der Welt. Ihr Spielstil und ihre Art und Weise, wie sie Tennis lebt, gefällt mir sehr gut. Sie kämpft um jeden Ball und ist mental eine der stärksten Spielerinnen. Besonders für mich ist auch, dass ich mit Brenda Fruhvirtova beim TEC Waldau in einem Team spiele. Es ist schon mega zu sehen, wie eine, die fast gleich alt ist wie ich, schon in den Top 100 der Weltrangliste steht. Es ist jedesmal cool, sie zu sehen, und beeindruckend, was sie schon erreicht hat, wie weit sie bereits ist und welches spielerische und mentale Level sie mit 17 Jahren erreicht hat. Ich nehme das auf jeden Fall als Motivation und versuche, aus allen Erfahrungen zu lernen.