Ramadan Darwish – Afrikameister trainiert die Judoka am OSP

Er ist neunfacher Afrikameister, dreifacher Champion der Mediterranean Games, Weltmeisterschafts-Dritter und er stand für Ägypten bei drei Olympischen Spielen auf der Judo-Matte. Heute gibt Ramadan Darwish seine Erfahrung als Coach des Deutschen Judo-Bundes am Olympiastützpunkt Stuttgart an einige der besten deutschen Judoka weiter. Im Interview spricht der 37-Jährige über seine Karriere, den Wechsel ins Trainerleben und die Herausforderung, deutsche Talente auf den Weg nach Los Angeles 2028 zu führen.

Autor:Lara Auchter

2. Oktober 2025

Julia Hennig (2. von links) mit ihren Teamkolleginnen nach dem Sieg in der 4x50m Lifesaver Relay Staffel. Fotos: Team Deutschland

Ramadan, du hast eine beeindruckende Karriere hinter dir: neunmal Gold bei Afrikameisterschaften, Bronze bei der WM 2009, Olympia in London, Rio und Tokio. Wann wusstest du, dass Judo dein Leben sein wird?

Ramadan Darwish: Ich habe mit fünf Jahren mit dem Sport angefangen. Als Kind habe ich verschiedene Sportarten ausprobiert, aber Judo war sofort meine Leidenschaft. Schon mit 19 habe ich meine ersten internationalen Kämpfe bestritten, und mit 21 eine WM-Medaille geholt. Spätestens da war klar: Alles in meinem Leben dreht sich um Judo.

Du hast deine aktive Karriere mit 33 Jahren beendet. Wie schwer fiel dir der Abschied?

Ramadan Darwish: Natürlich war es nicht einfach. Judo war alles was ich kannte im Leben – auch mein Studium und meine Ausbildung waren mit Judo verbunden. Aber ich hatte viel erreicht, habe für Ägypten Medaillen gewonnen und durfte mein Land bei drei Olympischen Spielen vertreten. Irgendwann war es Zeit, meine Energie in die nächste Generation zu stecken.

Wie kam es dazu, dass du nach Deutschland gegangen bist?

Ramadan Darwish: Ich war zuvor sieben Jahre in den Niederlanden. Dort habe ich schon als Nachwuchs-Trainer gearbeitet. Parallel habe ich in der Bundesliga für deutsche Vereine gekämpft und war oft in Stuttgart im Training. So entstand der Kontakt zu Landestrainer Mirko Grosche, der mich ermutigt hat, meinen Lebenslauf einzureichen. Nach drei Gesprächen mit dem Deutschen Judo-Bund bekam ich den Vertrag.

Wie sieht deine Aufgabe hier am OSP Stuttgart aus?

Ramadan Darwish: Ich arbeite mit dem Nachwuchs und den Athleten aus dem Top-Team. Ich schreibe Trainingspläne und betreue die Judoka – auch auf Lehrgängen. Meine Aufgabe ist es, Strukturen zu schaffen, Athleten systematisch aufzubauen und sie Schritt für Schritt an die Weltspitze heranzuführen.

Welche Talente betreust du aktuell besonders intensiv und wie schätzt du den Nachwuchs ein?

Ramadan Darwish: Das Judo Top-Team Baden-Württemberg, denn dort haben wir ein junges, talentiertes Team. Bei den Frauen haben Lea Schmid und Tayla Grauer gerade erst die Goldmedaille bei einem European und African Open Turnier geholt. Auch Sarah Mehlau und Sara-Joy Bauer sind sehr stark und waren dieses Jahr schon bei Turnieren und Meisterschaften erfolgreich. Bei den Männern hat Pierre Ederer bereits Bronze bei der U21-EM geholt. Zudem haben wir im Nachwuchs starke Athleten in fast allen Gewichtsklassen. Ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren große Erfolge sehen werden.

Das Ziel sind die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028?

Ramadan Darwish: Ja, genau. Wir haben eine junge Generation, die Zeit braucht, aber auch schon Ergebnisse liefert. Natürlich wird es Konkurrenz geben – in Deutschland sind viele Gewichtsklassen stark besetzt. Aber unser Ziel ist es, Athleten so vorzubereiten, dass sie international konkurrenzfähig sind und die Olympischen Spiele erleben können.

Du hast in Ägypten und in Europa gesehen, wie unterschiedlich die Strukturen im Sport sind. Was fällt dir im Vergleich auf?

Ramadan Darwish: In Deutschland haben Athleten Glück, dass es gute Strukturen und besonders an den Stützpunkten große Unterstützung gibt. In Ägypten ist der Einstieg für Kinder gut, aber später fehlt oft die Förderung. Viele hören auf, weil es schwer und teuer ist, den Weg weiterzugehen. In Deutschland ist es einfacher, sich nur auf den Sport zu konzentrieren – auch wenn Sponsoren und Finanzierung manchmal schwierig bleiben.

Was war in deiner langen Judo-Karriere dein persönlicher Karriere-Höhepunkt?

Ramadan Darwish: 2009 die Weltmeisterschaft in Rotterdam. Ich war damals eigentlich noch Juniorenathlet und manche meinten, ich sei nicht bereit für die Senioren-WM. Dann stand ich mit 21 Jahren aber dort und gewann Bronze. Gleichzeitig war ich vier Monate lang die Nummer eins in der Weltrangliste. Das war mein Durchbruch und der Moment, den ich nie vergessen werde.

Und als Trainer?

Ramadan Darwish: Als ich in den Niederlanden angefangen habe, mit dem Nachwuchs zu arbeiten. Damals habe ich gemerkt: Ich kann als Trainer jungen Athleten helfen, ihren Weg zu finden. Später kamen die ersten Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften dazu. Heute ist mein Ziel, in Deutschland Talente so weit voran zu bringen, dass sie international bestehen und sich ihre Träume erfüllen.

Ramadan Darwish (Mitte) mit (von links) Sara-Joy Bauer, Tayla Grauer, Pierre Ederer und Lea Schmid vom Judo TOP-TEAM BaWü. Fotos: privat