Wenn zwei Wochen vor dem Saisonfinale der TVB Stuttgart auf die SG BBM Bietigheim trifft, ist Klassenkampf pur angesagt in der Handball-Bundesliga. Stuttgart trennen zwei Punkte vom Tabellenvorletzten. Der Anpfiff in der Stuttgarter Porsche-Arena wurde am Samstag auf 18 Uhr vorverlegt.
Trotz des DFB-Pokalfinales mit Beteiligung des VfB Stuttgart an diesem Abend wird es in der Porsche-Arena auf beiden Seiten nicht an Unterstützung fehlen. Auch zahlreiche SG BBM-Fans werden den Weg nach Cannstatt finden und ihrer Mannschaft im spannungsgeladenen Lokalderby den Rücken stärken.
Wenn man seinen Worten glauben darf, ist es genau die Situation, auf die Iker Romero und sein Team hingearbeitet haben. Der Aufsteiger, den viele vor dem Rundenbeginn als ersten Absteiger auf der Rechnung hatten, hält auch fünf Spieltage vor dem letzten Durchgang noch die Frage nach dem Klassenerhalt am Leben. In den Spielen gegen die direkten Konkurrenten im Tabellenkeller kann die SG BBM ihr großes Saisonziel immer noch aus eigener Kraft schaffen. Es sind alles „Endspiele“ für den spanischen Coach der SG BBM, doch seine Jungs wird er im Ligafinale nicht mehr entsprechend motivieren müssen. Die richtige Richtung nur muss der 44-Jährige seinen Spieler mit auf den Weg geben.
Vom „Vier-Punkte-Spiel“ zum „Alles-oder-nichts-Spiel“
Einer der direkten Konkurrenten ist der TVB Stuttgart. Den Elften der Vorsaison hatten viele in höheren Tabellenregionen verortet. Als es zu Saisonbeginn nicht läuft, muss Michael Schweikardt Anfang November seinen Platz auf dem Trainerstuhl räumen. Sein Bruder und Geschäftsführer Jürgen Schweikardt übernimmt. Doch nach der 27:30-Heimniederlage im „Vier-Punkte-Spiel“ gegen den HC Erlangen sind die Stuttgarter Handballer nach Pluspunkten gleichauf mit den Franken aktuell auf Platz 15. Theoretisch sind auch noch Wetzlar und Göppingen nicht im gesicherten Mittelfeld. FRISCH AUF! kann das Ticket für die 1. Liga an diesem Wochenende bei einem Sieg in Gummersbach oder entsprechenden Ergebnissen der Kellerteams lösen. Nur der SC DHfK Leipzig (Platz 12) kann mit 21 Punkten nicht mehr auf den vorletzten Platz rutschen. Bei der Punktekonstellation lohnt sich ein Blick auf die Tordifferenz, die im Fall der Punktgleichheit am letzten Spieltag den Ausschlag geben wird. Da sieht es weder für den TVB (-127) noch für Bietigheim allzu gut aus. Durch die hohe Niederlage in Lemgo ist die SG BBM (-144) zurückgefallen.
So wird das Lokalderby zum „Alles-oder-nichts-Spiel“, wie es Patrick Zieker formulierte. Der 31-jährige Kapitän der WILD BOYS hat eine Bietigheimer Vergangenheit, ist an Metter und Enz nicht vergessen. Auf Seiten der SG BBM haben zwei Spieler eine Querbeziehung: Fynn Nicolaus, der vor der Saison vom TVB kam und Daniel Rebmann, den es nach der Saison zum TVB zieht. Gewinnt Bietigheim am Samstag, wird es eng für Daniel Rebmanns zukünftigen Verein. Das Spiel ist auch individuell für den 31-jährigen Keeper eine brenzlige Angelegenheit. Was wie eine Zwickmühle für den Torsteher aussieht, wird vor dem Anpfiff Iker Romero mit seinem absoluten Gefühl für den Handball ganz alleine lösen müssen. Wer auf eine Startaufstellung mit Fredrik Genz tippt, der zuletzt trotz der 33:21-Niederlage in Lemgo klasse gehalten hat, könnte sich am Ende auch irren. Eine Traumkonstellation für Rebmann wäre es natürlich, wenn es am 34. Spieltag weder Stuttgart noch Bietigheim erwischen würde.
Doch Iker Romero wird sich in der Vorbereitung auf das Spiel noch ganz andere Gedanken machen müssen. Wie kann man die Kreise von Kai Häfner einengen? Der 35-jährigen früheren Nationalspieler ist der Top-Torschütze (113 Tore) und Top-Vorlagengeber beim TVB. Wie positioniert man sich gegen das Schweizer Nationalspielerduo Lenny Rubin (Rückraum links / 95 Tore) und Lukas Laube (Kreis / 75)? Offen ist, ob Iker Romero wieder mit dem an der Wade verletzten Rechtsaußen Moritz Strosack und mit dem erkrankten Maximilian Hejny rechnen kann. Beide fehlten am Montag in Lemgo. Immerhin stand Rückraum-Shooter Julius Kühn zuletzt wieder im Kader.
Bericht: Bernhard Gaus